UN-Umweltbilanz: Vom Zuckerhut zum Big Apple

■ Auf der UN-Versammlung „Fünf Jahre nach Rio“ fordert Bundeskanzler Kohl in New York mehr Wald- und Klimaschutz. Umweltschützer glauben nicht an Erfolge

New York (taz) – Nun gipfeln sie wieder. 55 Regierungschefs und 4.000 Vertreter von Regierungen und regierungsunabhängigen Organisationen treffen sich in New York, um fünf Jahre nach dem Rio-Gipfel Bilanz zu ziehen. Ausgerechnet in Manhattans Schwüle wollen die Regierungen die Lähmung überwinden, in die sie nach den vollmundigen Bekenntnissen zur globalen Trendwende 1992 am Zuckerhut geglitten sind.

Anders als in Rio reißt das Verhandlungsdokument von New York niemandem aus den Polstersitzen. In Rio wurde bereits alles gesagt, danach jedoch wenig getan. Die niedrigen Erwartungen in New York richten sich daher an konkrete Zusagen einzelner Länder, die andere mitreißen könnten.

Helmut Kohls Rede enthielt jedoch keine zündenden Ideen. In seiner siebenminütigen Kür vor der UN-Versammlung wiederholte er symbolische Bekenntnisse zum „Frieden zwischen Mensch und Natur“. Mit einem Vier-Punkte-Plan will er Fortschritte erreichen. Zum Klimaschutz forderte er, daß die Versammlung sich dem EU-Beschluß anschließe, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2010 um 15 Prozent zu verringern. Während US-Vize Al Gore bereits zur Eröffnung der Konferenz eine Waldkonvention ablehnte, schlägt Kohl für die Wälder „international verbindliche Vereinbarungen“ vor. Der UN empfiehlt er „mittelfristig die Gründung einer globalen Dachorganisation für Umweltfragen“, und das „Ziel der weltumspannenden Umweltpartnerschaft“ möchte er in der UN- Charta verankern. Als globaler Öko-Gladiator hat er sich mit Vertretern der drei südlichen Kontinente zu einer „gemeinsamen Initiative“ verbündet.

Die Kanzlerrede, wochenlang von der Regierung wie ein Staatsgeheimnis behandelt, enthielt wenig mehr als heiße Luft. „Nichts als das Recycling alter Lippenbekenntnisse“, schimpft Barbara Unmüßig vom Forum Umwelt und Entwicklung. Der Kanzler vermeide es, Verantwortliche für die magere Bilanz zu nennen. Jens Katzek vom BUND ist erbost, daß Kohl Bekenntnisse ablegte, denen er zu Hause zuwiderhandelt.

Bereits vor Sitzungsbeginn war es zu Kontroversen zwischen der EU und den USA und Japan über den Klimaschutz gekommen: Kohl sagte, die EU könne offenbar sehr viel größere Erfolge im Umweltschutz vorweisen als Clinton. Frankreichs Präsident Jacques Chirac beschimpfte die USA als Umweltverschmutzer. Umweltminsterin Angela Merkel nannte als Hauptprobleme, die ungelöst seien, „wachsende Armut“, Bevölkerungswachstum, aber auch die Übernutzung natürlicher Ressourcen. Christa Wichterich