Bertelkirch: Gemeinsam sind wir digital

■ Der Fersehzar Leo Kirch und der Mediengigant Bertelsmann machen beim digitalen Fernsehen gemeinsame Sache, die Telekom hilft mit. Das Monopol gefährdet bisherige freie Zugänglichkeit von Sport und Spielfilmen

Berlin (taz) – Das Fernsehen der Zukunft ist aufgeteilt. Die beiden im deutschen TV-Geschäft mächtigsten Medienkonzerne Kirch und Bertelsmann haben gestern ihr Zusammengehen auf dem digitalen Fernsehmarkt verkündet. Die Deutsche Telekom, die mit ihrem Kabelnetz die Übertragungswege beherrscht, ist dabei ebenfalls eingebunden. Kern der Übereinkunft: Kirch und Bertelsmann machen halbe-halbe bei der Programmplattform, für die der bestehende Bezahlfernsehsender Premiere benutzt wird. Die Telekom soll die technische Plattform beherrschen. Als am Sonntag abend das neue Fernsehkartell verabredet wurde, waren außer den drei Partnern auch wichtige Politiker aus SPD und Union dabei: die Wirtschaftsminister Nordrhein-Westfalens und Bayerns, Wolfgang Clement und Otto Wiesheu.

Die beiden Konzerne planen, auf über 50 Kanälen solche Programme an zahlungskräftige Zuschauer zu verkaufen, die bislang frei zugänglich sind: Als lukrativ gelten vor allem Sportübertragungen und Spielfilme. Bertelsmann verfügt über die Digitalrechte an der Fußballbundesliga, Kirch hat ein Nahezumonopol bei den Filmrechten. Damit wird die geplante Fernsehrevolution auch Auswirkungen auf solche Mediennutzer haben, die sich für extra bezahltes Fernsehen gar nicht interessieren: Besonders attraktive Inhalte wollen die Konzerne nur noch gegen Bares zeigen.

Unklar ist, ob wegen der bereits bestehenden Medienmacht der drei Partner die jetzige Abmachung ein Fall fürs Kartellrecht ist. „Wir sehen das sehr kritisch“, sagte Horst Nölkensmeier vom Bundeskartellamt gestern der taz, „das ähnelt sehr der Konstruktion, die die EU-Kommission 1994 untersagt hat.“ Damals war ein Pakt von Bertelsmann, Kirch und Telekom am Brüsseler Wettbewerbskommissar Karel van Miert gescheitert. Der Vorsitzende der deutschen Medienkontrolleure, Rainer Hochstein: „Man muß sich die Vereinbarungen kartellrechtlich genau ansehen. Es wird aber sehr schwer sein, mit einer solchen Zusammenballung von Programmacht und technischer Macht umzugehen.“

Die Details der Vereinbarung sind noch kaum bekannt – größtenteils auch noch gar nicht ausgehandelt. Bei einigen der bereits geschlossenen Abreden ist völlig unklar, ob sie je funktionieren können. So hat Kirch lediglich zugesagt, die neue Premiere-Plattform mit Filmware zu versorgen – sein im letzten Jahr fehlgestartetes DF 1 soll aber angeblich weiterbestehen.

Leo Kirch gewinnt durch die Partnerschaft mit Bertelsmann wieder Atem. Sein Imperium war durch sein teures Digitalengagement in eine bedrohliche Finanzsituation geraten, wie detaillierte Zahlen aus Bankunterlagen zeigen. Danach ist das Kirch-Imperium in einer bedrohlichen Dauerverlustsituation, die großherzigen Kreditlinien bei den Finanziers (Berliner Bank, BHF, Commerzbank) sind fast ausgereizt.

Indem Bertelsmann in dieser Situation stabilisierend einspringt, zeigt sich: Deutschlands beherrschende Fernsehkonzerne sind künftig nicht mehr Konkurrenten, sondern Partner. Bertelsmann gegen Kirch, das war einmal. Lutz Meier

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