Herr Hefele in Wimbledon
: Warten auf Lord & Lady

■ Seit das Cricket-Spiel zu Ende ist, gilt alle Konzentration der Royal Box

Wer nach Wimbledon will, darf U-Bahn-mäßig nicht in Wimbledon aussteigen; die Tennis-Station heißt Southfield. Man kann gar nicht anders, denn die blecherne Stimme des Fahrers schmeißt einen geradezu aus dem Waggon: Leave the train and use the special bus service!– Immer noch Zweifelnde werden von einem riesigen Tennisball, der über ihren Köpfen hin und her fährt, überzeugt, daß sie richtig sind. Der Ball tut übrigens so, als würde er von Carlos Moya und Pete Sampras bzw. deren überlebensgroßen Abbildern über den Bahnhof gedroschen.

Herr Hefele: Bald wird der erste dran glauben müssen

Was heißt gedroschen – eher geschoben – mit geschätzten 30 km/h Fluggeschwindigkeit. Mit einem solchen Aufschlag kann man heutzutage kein Bauernturnier mehr gewinnen. Wenn selbst die ehemaligen Aufschlagasse Courier und Stich fast behutsam wirken gegen die Serviceexplosionen der neuen Generation. Übrigens, für die Freunde der Statistik: Immer wenn Stich und Courier während eines Grand-Slam-Turniers aufeinandergetroffen sind, hat der Sieger des Spieles später das Turnier gewonnen. Na?

Für Aufschläge allerdings siehe Greg Rusedski. Siehe Mark Philippoussis. Der während des Nachsitzer-Satzes vom Dienstag schon ums Haar einen Linienrichter abgeschossen hätte. Lange wird es nicht mehr dauern, bis der oder die erste dran glauben muß. Die Damen in ihren die rasche Bewegung behindernden zeltgroßen Faltenröcken sollten jedenfalls auf der Hut sein. Philippoussis hat es nicht geholfen – trotz Queen's-Sieg muß er sich wieder auf die Heimreise machen. Einige seiner Landsleute waren in meinem Stammcafé (kann man nach vier Tagen schon ein Stammcafé haben?) völlig aus dem Häuschen über den ihnen gebotenen Sport – absolutely exciting.

Nun ja, sprach es in mir, so toll ist dieses Gehämmere auch wieder nicht. – Bis mir klar wurde, daß am Aussi-Tisch von Kricket die Rede war... Ja genau, das ist dieser Sport, bei dem Studenten in ärmellosen Zopfmusterpullis tagelang nach Indern werfen, die mit einer riesigen Brotschaufel um sich schlagen. Gott sei Dank ist das Länderspiel (oder wie sagt man?) England – Australien endlich vorbei, dann ist auch wieder mehr Betrieb in der Royal Box. Gestern waren angekündigt: Mr. und Mrs. John Hickman, Lord and Lady Ralph Kerr, Mr. Richard Beckett und der Botschafter von Ungarn mit Frau. Um nur die Wichtigsten zu nennen. Weil es natürlich wieder regnete, ließen die Herrschaften auf sich warten. Schade: Vor Lady Ralph würde man schon mal das Haupt beugen.

Wie auch immer: Ich behalte die Royal Box weiter im Auge.