Viel Dampf um Münchehagen

■ Wenn Gerhard Schröder und Monika Griefahn streiten, tagt auch der Vermittlungsausschuß „Giftmülldeponie“nicht mehr

Der Streit zwischen dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder (SPD) und seiner Umweltministerin Monika Griefahn (Grüne) fordert ein prominentes „Opfer“: Der Vermittlungsausschuß zur Sicherung der stillgelegten Giftmülldeponie Münchehagen bei Nienburg, gedacht als „Muster zur Konfliktlösung“, tagt nicht mehr. Grund: Per Kabinettsbeschluß vom 17. Juni wurde eine vorher einvernehmlich erarbeitete Sicherungsmaßnahme – die Installation einer hydraulischen Anlage – für die Mülldeponie gestrichen. Damit seien die für diese Woche vorgesehenen Sitzungen des Vermittlungsausschusses „unsinnig geworden“, so ein Mitglied der Runde. Unterdessen gehen neue Untersuchungen von einer Giftquelle in der Deponie und einem erhöhten Ausfluß des Seveso-Dioxins aus.

1983 war die Mülldeponie Münchehagen per Gerichtsbeschluß geschlossen worden. Alle Beteiligten gingen in Revision. Das Verfahren ruht, weil sich die betroffenen Parteien im Vermittlungsausschuß wiedertrafen, um ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten, um die Deponie sicherer zu machen. In dem Ausschuß sitzen Vertreter der anliegenden Landkreise und Gemeinden, von Bürgerinitiativen und der Landesregierung. Das Land finanzierte eine Koordinierungsstelle, die als Bürgerbüro eingerichtet wurde.

Als Arbeitsgrundlage galt ein Sicherheitskonzept, das vorsah, die Deponie einzuschalen und abzudecken. Eine hydraulische Anlage sollte verhindern, daß Gift ins Grundwasser gelangt. Dazu gehörte eine Kläranlage in der Deponie, die austretendes Wasser reinigen sollte. Diese hydraulische Anlage ist, da sie auf Dauer betrieben werden muß, sehr kostenintensiv.

Mit dem Beschluß vom 17. Juni streicht die Landesregierung die hydraulische Anlage aus dem Konzept. „Das ist ein Affront gegen sinnvolle Umweltpolitik,“sagt Peter Thiele, BUND-Vertreter im Vermittlungsausschuß. „Wir wußten in der letzten Zeit nie, wer uns eigentlich verbindliche Aussagen machen konnte – das Umweltministerium, das Finanzministerium oder die Staatskanzlei.

Es ist ein offenes Geheimnis, daß kostenrelevante Entscheidungen für Niedersachsen nur von der Staatskanzlei getroffen werden.“Dagegen hält die Pressesprecherin des Umweltministeriums, Kreuzenbeck: „Wenn die hydraulische Anlage notwendig sein sollte, wird sie auch gebaut.“

Verständnislos auf diese Aussage reagiert Heinrich Bredemeier vom Bürgerbüro Münchehagen: „Es ist bautechnisch und finanzpolitisch völliger Unsinn, die Hydraulik nachträglich einzubauen. Man kann nicht erst abdecken und dann die Abdeckung wieder aufreißen.“

Nach dem Beschluß der Landesregierung besteht die Möglichkeit, das Verfahren vor dem OVG Lüneburg wieder aufzunehmen. Die vom Land bezahlte Koordinierungsstelle der Bürgerinitiativen ist nach dem Aussetzen des Vermittlungsausschusses von der Schließung bedroht. schuh