Herr Hefele in Wimbledon
: Probleme mit Perlen

■ Seles' Fummel sitzt schlecht – und Paragraph 25 bedroht Venus Williams

Daß Wimbledon heuer wahrscheinlich die jüngste Siegerin des Damenfinals seit Lotti Dodd (1887) erlebt, ist kein Geheimnis. Wer sollte Martina Hingis, die junge Dame mit dem messerscharfen Lächeln, schon schlagen? Ein seltsames Lächeln übrigens, so überaus strahlend, immer in den Wangengrübchen geparkt und blitzschnell präsent, wenn es sein muß. Manchmal sind die Augen noch nicht so weit und dann wirkt die Emotion etwas maschinenhaft. Man hat den Eindruck, ein rasch wechselndes Display zu betrachten. Ist Martina Hingis ein menschliches Wesen? Zugegeben, ein etwas provokante Frage; vielleicht müßte es globaler heißen: Sind Tenniskinder im engeren Sinne menschliche Wesen?

Eingedenk ihrer eingeschränkten Sozialisationsmöglichkeiten? Mit drei auf den Tennisplatz, der Vater baut das erste kleine Racket. Wochenlang den Ball ans Garagentor, sonst Liebesentzug. Mit sechs der Terror aller Kinderturniere, immer das geifernde Mütterlein auf den Fersen. Im Falle Hingis die anpassungsfähige Melanie Molitor. Eine unwichtige tschechische Tennisspielerin, die sich – wie es halt so ist – in ihrem Kinde verwirklichen will.

Böse Zungen behaupten, sie hätte sich dazu erst einmal Karol Hingis gegriffen. Um sich die Gene des damaligen slowakischen Champions zu sichern. Punkt eins des Planes: Schaffung eines Tennis-Einsteins. Böse Zungen, wie gesagt. Tatsache ist, daß das während der Ehe entstandene Kind natürlich nach Martina Navratilova benannt wurde und nun – im reifen Alter von sechzehn Jahren – die Nummer eins der Computerrangliste ist.

Immer energisch angeschoben von Mutter Melanie, die sich nicht scheute, zur Erreichung ihres Zieles die Nationalität zu wechseln – und mehrmals den Ehemann. Vielleichts sollte man ja fragen: Sind Tenniseltern menschliche Wesen im eigentlichen Sinne? Monika Seles könnte über dieses Kapitel sicher auch einiges erzählen. Gerade weil ihr Vater/Coach ernsthaft erkrankt ist und sie das Turnier ohne Trainerbeistand bestreiten muß. Wie sich das auswirkt, wird sich noch herausstellen, vorerst sagt sie: Tennis ist nur ein Spiel, ein Sport. Abseits davon gibt es wichtigere Dinge.

Ach was?

Sicher ist, daß Monika Seles immer weniger nach einer Weltklassespielerin aussieht. Wer sie nicht kennt, wird sich fragen: Was sucht diese beleidigte Hausfrau in dem schlecht sitzenden Fummel auf dem Centercourt? Nichts gegen Hausfrauen – aber dafür stundenlang Schlange stehen? Natürlich kann die Seles, wie beim Erstrunden-6:0, 6:2 gegen McQuillan gezeigt, auch noch sehr gut Tennis spielen. Trotzdem hat sie Glück, daß es momentan nicht gerade wimmelt von erstklassiger Konkurrenz.

Herr Hefele: Ist Martina Hingis ein Mensch?

Eine für die Zukunft könnte Venus Williams (17) sein. Für den Evening Standard ist sie schon die „Schwarze Diva der Grundlinie“. Gestern saß man auf Court two und wartete auf ihren ersten Auftritt. Doch es regnete, und man konnte lange warten. Nix mit Spielen.

Eine Dame hatte sie schon gesehen. In schimmerndem Dreß mit Hunderten von Perlen im Haar. Die Dame sagte: Die muß jeden Tag zwei Stunden früher aufstehen.

Die Perlen sind ein Problem. Nicht nur früh morgens, auch auf dem Platz. Paragraph 25 sagt nämlich, man darf keine Kleidungsgegenstände verlieren. Nach zwei Verwarnungen gibt es Punktabzug. Das kann Venus noch den Sieg kosten.