■ Gerüchte in NRW: Wann geht Rau, wann kommt Clement?
: Vieldeutige Wechselspiele

Der Tanz um den Thron in Düsseldorf geht weiter. Wird das Stück nicht bald vom Spielplan abgesetzt, schadet das nicht nur den Beteiligten. 900.000 Arbeitslose in NRW, in Bonn eine Regierung, die geradezu nach Ablösung schreit, und in NRW dreht sich auf der politischen Bühne fast alles nur noch um eine Frage: Wann geht Rau? Dessen Unentschlossenheit, sich überhaupt für irgend etwas zu entscheiden, ist für den lähmenden Schwebezustand in NRW verantwortlich. Rau demontiert sich selbst.

Die Interessenlage für die SPD ist dabei klar. Weil Rau im Jahr 2000 nicht erneut für eine Kandidatur als Ministerpräsident zur Verfügung steht, muß ein Nachfolger her – und zwar früh genug. Im Moment, davon gehen alle in der SPD aus, käme dafür nur Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in Betracht.

Doch freudig stimmt das längst nicht alle Sozis. Mit ihm bräche in der NRW-SPD tatsächlich eine neue Zeit an. Während Rau im Kern immer einen eher präsidialen Regierungsstil pflegte und das im Amt ratifizierte, was sich gesellschaftlich weitgehend durchgesetzt hatte, weicht Clement keinem Konflikt aus, kämpft auf offener Bühne auch für solche Projekte um Mehrheiten, die die eigene Partei polarisieren. In so manchem SPD-Ortsverein ist er deshalb ebenso unbeliebt wie in Teilen des Führungskaders – einschließlich des SPD-Bundesvorstandes.

Weil er in NRW in offener Schlacht aber derzeit als Rau-Nachfolger nicht zu verhindern wäre, spielen seine innerparteilichen Gegner auf Zeit. Und da kommt ihnen der zögernde Rau gerade recht. Dessen engste politische Freunde verbreiten zwar auch jetzt wieder, Rau habe sich längst auf einen geordneten Übergang spätestens Anfang nächsten Jahres eingestellt, aber das Datum kennt niemand – vielleicht nicht einmal Rau selbst. In solchen Situationen gedeihen Intrigen, blühen Spekulationen aller Art. Eine davon lautet, mit Clement an der Spitze sei Rot-Grün am Ende. Das ist Unsinn. Richtig ist, daß die fragile Düsseldorfer Koalition noch am umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler II scheitern kann. Über die Hürde Rahmenbetriebsplan, die im übrigen nicht entscheidend dafür ist, ob die Bagger im Jahr 2006 wirklich loslegen, müssen die Grünen in den nächsten Monaten springen – ganz gleich ob mit oder ohne Rau. Ansonsten stehen Neuwahlen ins Haus, und die bergen nicht nur für die SPD hohe Risiken. Walter Jakobs