Eine Regierung, wie für den Präsidenten gemacht

■ Algeriens neugebildetes Kabinett unterscheidet sich nur wenig von dem alten

Madrid (taz) – Drei Wochen nach den algerischen Parlamentswahlen hat Premiereminister Ahmad Oujahia am späten Dienstagabend sein neues Kabinett präsentiert. Die eigens zur Wahl gegründete Nationaldemokratische Versammlung (RND), der auch Oujahia angehört, wird zusammen mit der ehemaligen Einheitspartei FLN und den gemäßigt islamistischen Bewegung für eine Gesellschaft des Friedens (MSP) regieren. Oujahia verfügt somit über eine stabile Mehrheit von 287 der 380 Parlamentsabgeordneten – 156 der RND, 69 der MSP und 62 der FLN.

Von den zu vergebenden 38 Posten (30 Minister, 8 Staatssekretärn und ein Regierungsgeneralsekretär) gehen drei Statssekretärs- und drei Ministerämter an die MSP. Die Islamisten von Scheich Mahfud Nahnah, die in der alten, vom Militär eingesetzten Übergangsregierung nur zwei Vertreter stellten, erhalten die Ministerien für Industrie und Wiederaufbau, Klein- und Mittelbetriebe sowie Tourismus und Transport. Die FLN wurde mit 3 Staatssekretärsposten und 4 Ministerien bedacht. An sie fallen die Ressorts Öffentliche Arbeiten, Erziehung und Wissenschaft, Landwirtschaft und Fischfang sowie Wohnungsbau.

15 Mitglieder der alten Regierung sind wieder mit von der Partie. Unter ihnen Premiereminister Oujahia, mit dessen erneuter Berufung Staatspräsident Liamine Zéroual Kontinuität und Stärke beweisen wollte. Aus dem gleichen Grund bleiben auch die Innen-, Außen- und Justizminister im Amt. Der bisherige Religionsminister Ahmad Merani, ein Dissident der nach ihrem Wahlsieg 1992 verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS) und bisheriges Aushängeschild für den vermeintlichen Versöhnungswillen des Regimes, wurde durch einen Mann der Präsidentenpartei RND ersetzt. Frauen spielen weiterhin mit nur zwei Staatssekretärinnen eine untergeordnete Rolle in Algeriens Politik.

Nach der Aufstellung des Kabinetts kann sich Staatschef Zéroual beruhigt in seine Sommerresidenz an der Küste vor den Toren der Hauptstadt zurückziehen. Die nach dem Putsch von 1992 eingerichtete Institutionen haben nun ein demokratisches Mäntelchen. Für diejenigen, die ein Krisenjahr mehr auf ihren Urlaub verzichten müssen, bleibt ebenfalls alles wie gehabt. Die Befriedung des Landes läßt weiterhin auf sich warten. Seit Monatsbeginn kamen mindestens 157 Menschen bei Anschlägen und Überfällen der Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) ums Leben. Reiner Wandler