Baustellen zu Wasserkunst

■ Die Künstlerin Betty Beier konserviert ein Stück Altenwerder

„Altenwerder bleibt!“Das Graffito am Altenwerder Deich ist schon reichlich verblaßt. Der 23 Jahre dauernde Kampf gegen die Hafenerweiterung ist so gut wie verloren, nur eine Handvoll Häuser stehen noch in Altenwerder, die Bäume sind gerodet, Sand ist aufgespült worden. Der Ort gleicht einer Wüste.

Die Karlsruher Künstlerin Betty Beier ist auf die Großbaustelle Altenwerder gekommen, um ein Stück der ursprünglichen Landschaft zu konservieren. „Als ich in der Zeitung von der Zerstörung des Fischerdorfes las, habe ich sofort meine Koffer gepackt und bin hierher gefahren.“Und zwar im eigens für die Baustellenarbeit gekauften und selbst ausgebauten Wohnmobil.

Früher arbeitete Betty Beier im Atelier, inzwischen nimmt die 32jährige ihre Leinwände gleich mit auf die Baustelle. Die vorhandenen natürlichen Stoffe wie Erde, Pflanzen und Fundobjekte bringt sie direkt auf den groben Juteuntergrund. Nachdem die feucht aufgebrachten Materialien getrocknet sind, werden sie zum Teil mit Kunstharz übergossen. So werden sie zum einen konserviert, zum anderen entsteht aber auch der Effekt von Wasser. Die seltsam eindringlichen Bildobjekte erinnern an Luftaufnahmen unwirtlicher Sumpflandschaften.

Parallel zu ihren reliefartigen Bildern dokumentiert Beier die Zerstörung der Natur per Video, „um mit dem Tempo der Baumaschinen Schritt halten zu können“. Die von der Künstlerin ausgewählten Landschaften haben einen engen Bezug zum Wasser. Sie selbst will „so arbeiten, wie das Wasser arbeitet“. Herkömmliche Farben, Pigmente, Bindemittel hat sie beiseite gelegt und sich ganz dem Stoff an sich zugewendet. Dabei stört es sie wenig, daß in der Kunstszene die Beschäftigung mit ökologischen Sujets verpönt ist.

Die Auseinandersetzung mit natürlichen Stoffen führte Betty Beier dazu, sich hauptsächlich mit Landschaften zu beschäftigen, die starken Veränderungen ausgesetzt sind, „dort, wo Landschaft zum Objekt und Abfallprodukt wird“. Seit Januar letzten Jahres begleitete sie mit ihrer künstlerischen Arbeit verschiedene Großbaustellen, so den Neubau der B 31 im Osten Freiburgs und den dreispurigen Ausbau der A 5 bei Karlsruhe. Im Sommer geht sie nach Spanien: Ein Teil des Naturschutzparks „Donana“bei Sevilla soll dem Bau einer Touristensiedlung zum Opfer fallen. Ihre in Altenwerder gefertigte Arbeit ist leider nur in der Galerie ob art in Karlsruhe zu sehen.

Undine von Rönn