Entwicklung durch Tourismus!?

■ Ein Seminar zu Chancen und Risiken der Tourismusförderung in Südafrika

Entwicklung für das Südliche Afrika, das heißt Tourismus.“ Hinter diese Forderung stellten sich im Schulterschluß Vertreter der südafrikanischen Regierung und von regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs), Entwicklungsexperten und Reiseunternehmer. Solidarität, Geschäftssinn und der Wille, Arbeitsplätze zu schaffen, führen zum Glauben an die positiven Wirkungen des Tourismus auf die Entwicklung der Wirtschaften – und der eigenen Bilanzen. Soweit das Fazit des Seminars „Hoffnung Tourismus – Perspektiven und Gefahren der Tourismusentwicklung im Südlichen Afrika“, das vom Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung und der Nachrichtenstelle Südliches Afrika (beide Basel) kürzlich in Bern veranstaltet wurde.

Früher wurden für die Touristen die Tiere in den Parks eingegrenzt und die Einheimischen ausgegrenzt. Heute bleibt die Bevölkerung und profitiert von den neuen Parks – inklusive Naturschutz. So sieht David Mkhwanazi, Umwelt- und Tourismusminister der Provinz Mpumalanga, die staatlichen Projekte. Die südafrikanischen NGOs wiesen auf die mangelnde Beteiligungsmöglichkeiten für die Bevölkerung und die Umweltbelastungen hin – Sachverhalte, die von den anwesenden Regierungsvertretern vehement verneint wurden. Mit den gleichen Entwicklungsargumenten wie der südafrikanische Staat fordern und fördern die NGOs einen alternativen Tourismus. Seine Bezeichnung blieb umstritten: öko, fair, verantwortlich oder nachhaltig.

Fiona Archer, Vertreterin der regierungsunabhängigen Organisation „Group for Environmental Monitoring“ (GEM), stellte verschiedene Forderungen für ein Label auf: Rücksichtnahme auf das reiche kulturelle Erbe der Gegenden sowie eine nachhaltige Entwicklung; die Stimmung der Orte solle erhalten werden und der Gewinn der lokalen Bevölkerung zukommen; lokale Produkte sollten verwendet werden. Archer bejahte die Gefahr, daß ein derart romantischer Tourismus ad absurdum läuft, sobald er zum Großerfolg wird. Sie persönlich sei deshalb froh, im Inlandtourismus zu arbeiten, wo dieser Konflikt weniger akut sei...

Die Entwicklungsexpertin Mechthild Maurer merkte kritisch an, daß sich entwicklungspolitische Organisationen quasi heimlich an „fairen“ Tourismusprojekten beteiligten. Sie hülfen bei deren Realisierung, ohne mit der notwendigen Marketingunterstützung anschließend für die Kundschaft zu sorgen. Dadurch blieben die Hotelbetten leer. Wer eine solch entwicklungspolitisch fragwürdige Tourismusförderung betreibe, der solle wenigstens konsequent sein, folgerte Maurer. Besser wäre jedoch der Verzicht.

Ein ökologischer Tourismus mit interkontinentalen Flügen ist und bleibt ein frommer Wunsch. Studien aus dem letzten Jahr belegen, daß Fliegen massiv zur Zerstörung der Ozonschicht beiträgt. Ob mit oder ohne Öko-Label: Eine Reise ins Südliche Afrika sei schlechterdings nicht umwelt- und damit nicht „Rio 92“-verträglich, konstatierte Christine Plüss vom Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung.

Nach Seminarschluß äußerte sich Plüss enttäuscht darüber, daß die externen Kosten des Tourismus nicht zur Sprache gekommen seien. Die Investitionen in Flughäfen und andere Infrastrukturen würden sowenig wie die Umweltbelastungen berücksichtigt. Zudem würden die Kosten für nicht realisierte Gewinne ausgeblendet: verlorenes Ackerland, Strände, die für Fischer nicht mehr zugänglich sind. Vor allem ausländische Investoren kosteten viel: Günstiges Land und billige Kredite, Wasser und Infrastruktur müßten geboten werden.

Die Reise in den Süden – nicht jedoch die Solidarität und das Umweltbewußtsein – sollte in Bayern enden. Alex C. Bauert