„Blechtrommel“ beschlagnahmt

■ Ein Richter ließ im amerikanischen Oklahoma City Schlöndorffs Film wegen obszöner Szenen sicherstellen

Oklahoma City (AP) – Bei Razzien in Videotheken und Wohnungen hat die Polizei in der amerikanischen Stadt Oklahoma City auf richterliche Anordnung hin Videokassetten mit dem Film „Die Blechtrommel“ beschlagnahmt. Daraufhin forderten Bürgerrechtsaktivisten gestern die Einleitung einer Untersuchung durch die Bundesbehörden.

Der Richter Richard Freeman hatte am Mittwoch verfügt, daß der unter Regie von Volker Schlöndorff nach dem Roman von Günter Grass gedrehte Film gemäß dem Recht des Staates Oklahoma als obszön einzustufen sei. Obszön im Sinne des Gesetzes ist, wenn eine Person unter 18 Jahren beim Geschlechtsverkehr abgebildet wird oder wenn jemand eine Person unter 18 Jahren beim Sex darstellt. Der Richter entschuldigte sich praktisch mit den Worten: „Solange das Gesetz so ist, wie es ist, kann ich nicht anders handeln.“

Freeman handelte aufgrund einer Strafanzeige einer Gruppe von Pornographiegegnern, die aufgebracht war, weil der Film auch zum Bestand einer öffentlichen Bibliothek gehörte.

„Die Blechtrommel“ hatte 1979 einen Oscar als bester ausländischer Film erhalten. In dem Film ist eine Szene enthalten, in der ein Junge oralen Sex mit einem Mädchen praktiziert.

Die Polizei beschlagnahmte in sechs Verleihgeschäften Videokassetten. Aufgrund der von den Geschäften überlassenen Verleihlisten gab es auch in Wohnungen Beschlagnahmeaktionen, wie die Leiterin der Oklahoma-Sektion der Bürgerrechtsvereinigung ACLU, Joann Bell, mitteilte. Seite 10