Der Geldsegen aus Wolfsburg

■ Die VW-Stiftung unterstützt seit über 35 Jahren Forschung und Wissenschaft

Die Volkswagen-Stiftung hat – so scheint es – für jeden Forscher was übrig. Sei es, daß er sich um die Regulation von Wildkaninchenpopulationen kümmert, den alevitisch-sunnitischen Konflikt in der Türkei untersucht oder Mausmutanten kreiert. Die Volkswagen- Stiftung, eine der größten deutschen Organisationen zur Förderung von Wissenschaft und Forschung, hat im vergangenen Jahr Projekte mit fast 181 Millionen Mark gefördert. Davon gingen mehr als ein Drittel an die Geisteswissenschaften, teilte die Stiftung bei der Vorlage ihres Jahresberichts 1996 in Hannover mit.

Daß auch im Forschungsbereich das Geld immer knapper wird, bekommt auch die Volkswagen-Stiftung zu spüren. Seit fünf Jahren steigt die Zahl der Förderanträge beständig an. Von den 1996 eingereichten 1.263 Projekten gingen jedoch fast die Hälfte leer aus.

Die Gründung der Stiftung ist auf den langjährigen Streit in der Nachkriegszeit zwischen Bundesregierung und dem Land Niedersachsen um die Besitzverhältnisse der Volkswagenwerk GmbH zurückzuführen. Schließlich einigte man sich 1959 darauf, das Werk in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. 60 Prozent der Aktien wurden privatisiert, der Rest ging je zu Hälfte an den Bund und an das Land Niedersachsen. Der Erlös und die Gewinne aus den Aktien wurden der Stiftung zur Forschungsförderung übertragen. Die Stiftung, deren 14köpfige Führungsspitze von der Bundes- und der niedersächsischen Landesregierung ernannt wird, hat derzeit ein Vermögen von rund 3,5 Milliarden Mark.

Von Beginn an bemühte sich die Volkswagen-Stiftung, den Geldsegen nicht nur breit zu streuen, sondern eigene Schwerpunkte zu setzen. Von der öffentlichen Hand vernachläßigte Disziplinen oder gänzlich neue Forschungsansätze wurden als Schwerpunkte in das Förderprogramm aufgenommen. So wurden in den letzten zehn Jahren allein rund 42 Millionen Mark für das China-Programm zu Verfügung gestellt. Symposien und Workshops in China oder Deutschland, Stipendien für chinesische Doktoranden oder auch Forschungskooperationen, wenn sie der Vertiefung der deutsch-chinesischen Wissenschaftsbeziehungen dienen, haben eine Chance, eine Finanzierung zu bekommen.

Einen entscheidenden Einfluß hatte die Volkswagen-Stiftung auf die Etablierung der molekularbiologischen Forschung in Deutschland. So unterstützte sie den Forschungsaufenthalt des Nobelpreisträgers Max Delbrück Anfang der 60er Jahre an der Kölner Universität. Delbrück gilt als der „Vater“ der molekulare Biologie in Deutschland. Die Volkswagen- Stiftung finanzierte auch mit zweistelligen Millionensummen die Gesellschaft für Molekularbiologische Forschung (GBF) in Braunschweig. Das Institut gehört heute mit zu den erfolgreichsten Einrichtungen. Bis Mitte der 70er Jahre erhielt die Molekularbiologie weit über 90 Millionen Mark aus dem Fond der Volkswagen-Stiftung.

Ein neues Großprojekt der Volkswagen-Stiftung entsteht derzeit in der Mitte Berlins am Gendarmenmarkt. Dort wurde vor wenigen Tagen der Grundstein für das Wissenschaftsforum Berlin gelegt. Ähnlich wie das Wissenschaftszentrum in Bonn soll das Forum als zentrale Einrichtung die deutschen und internationalen Forschungs- und Wissenschaftsorganisationen präsentieren. wlf