Die CSU zerstoibert den Euro

■ Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber beharrt auf 3,0 Prozent maximaler Staatsverschuldung für den Euro. CSU-Vorständler Söder droht mit Bruch der Bonner Fraktionsgemeinschaft mit der CDU und Koalitionsbruch

Berlin (taz) – Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber heizt den Konflikt mit dem Rest der Bonner Koalition weiter an. Getrieben von der Sorge um den Verlust der absoluten Mehrheit bei den nächstes Jahr stattfindenden Landtagswahlen, grenzt sich der CSU-Politiker immer schärfer von der EU-Politik der Bonner Regierung ab – einmal mehr am Beispiel der Einführung des Euro. „Wer die Stabilität des Euro heute nicht mehr so ernst nimmt wie 1992, der zerstört das Vertrauen in die Politik und schafft veränderte Mehrheiten in Deutschland“, teilte er per Focus-Interview mit.

Dem Nachwuchspolitiker Markus Söder, CSU-Vorstandsmitglied und Chef der Jungen Union in Bayern, blieb es vorbehalten in Bild am Sonntag schon einmal laut über eine weitere Verschärfung des Konflikts nachzudenken: „Sollten die Stabilitätskriterien nicht eingehalten und der Euro eine Weichwährung werden, wird die CSU Konsequenzen ziehen müssen.“ Dann könne es zu einem Beschluß „raus aus der Koalition in Bonn und Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU“ kommen. Auch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht „zum Schutz der harten D-Mark“ sei denkbar.

Für die CDU hielt Fraktionschef Wolfgang Schäuble dagegen: In der Leipziger Volkszeitung kommentierte er Stoibers Vorstoß: „Das Ergebnis der von ihm angefachten Debatte ist jetzt, daß die Sorge der Leute, der Euro werde nicht stabil sein, dadurch verstärkt wird. Das ist nicht gut.“ Bundeskanzler Helmut Kohl hatte am Freitag im Bundestag erklärt, der Euro werde „pünktlich“ zum Jahresbeginn 1999 eingeführt – auch in Deutschland „von Anfang an unter Einhaltung der Stabilitätskriterien“.

Otto Graf Lambsdorff (FDP) wies Stoibers Forderung, das Verschuldungskriterium von 3,0 Prozent müsse „strikt eingehalten werden“, umgehend als „ökonomischen Unfug“ zurück. Hinter der Stoiberei würden sich kaum mehr als partei- und wahlpolitische Überlegungen verbergen – eine Anspielung auf die Tatsache, daß der CSU im kommenden Jahr bei den Landtagswahlen Konkurrenz aus dem eigenen konservativ-populistischen Milieu droht. Lambsdorff hob darüber hinaus die vielzitierten Stärken der deutschen Volkswirtschaft hervor: Eine Teilnahme am Euro von einer Differenz im Zehntelbereich abhängig zu machen, mache „überhaupt keinen Sinn“.

Währenddessen erklärte Jean-Claude Juncker, Ministerpräsident Luxemburgs und von morgen an Ratsvorsitzender der 15 Länder der Europäischen Gemeinschaft: Es sei höchstens theoretisch noch denkbar, daß der Euro später als zum 1. Januar 1999 eingeführt werde. JaF

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