Inspiration in Blau

■ Die Bremer Künstlerin Petra Heitkötter hat ihre Wohnung in einen Kunstsalon verwandelt

otwein gibt es nie, wenn BesucherInnen durch Petra Heitkötters Wohnung wandeln. Das wäre doch zu risikoreich für den hellgrauen Teppichboden. Ansonsten aber scheut die Bremer Malerin vor kaum etwas zurück. Nach ausgiebigen Umbau- und Renovierungsarbeiten lebt sie seit einem Monat in einer Wohnung, die zugleich Galerie ist und ein lebendiger kultureller Treffpunkt werden soll: Ein Kunstsalon.

Petra Heitkötters Idee hat bisher mehr als zweihundert Menschen neugierig gemacht. Das Konzept Wohnen und Ausstellung führt die Gäste jeweils sonntags treppauf, treppab bis aufs Klo der Künstlerin. Auch das Schlafzimmer wird zum öffentlichen Ort. Und was für einer: Blau. Ein Blau, das überwältigt. In ihren abstrakten Arbeiten widmet sie sich zur Zeit vor allem dieser Farbe. Das tiefblaue mineralische Pigment für ihre Bilder importiert sie höchstpersönlich im Handgepäck von der spanischen Insel Formentera, ihrer „zweiten Heimat“und ihrem Ort der Inspiration.

In Petra Heitkötters Kunstsalon vertragen sich die eigenen Arbeiten auch mit den anderen Exponaten ihrer derzeitigen Ausstellung. Archaisch anmutende Steinskulpturen des Bremer Bildhauers Robert Wolfinger spielen das Empfangskomitee im Wintergarten vor dem Haus. Luftig leicht wirken dagegen die Kimonos von Astrid Bärndal, vernähte Objekte aus Transparentpapier, wie es sonst von Architekten benutzt wird, hier mal sanft, dort mal wild gefärbt und teilweise mit Blattgold veredelt.

Wir treffen Petra Heitkötter in einem äußerst glücklichen Moment: Ihre in Hamburg lebende schwedische Künstlerkollegin Astrid Bärndal hat gerade eine Auszeichnung erhalten, und da freut sich die Bremerin überschwenglich mit, obwohl der Hintergrund tragisch ist. Auf der Internationalen Trienale im estnischen Tallinn gewann Bärndal den Grand Prix für eine Installation mit dem Titel „852“. Diese, in Erinnerung an das 1994 vor der finnischen Küste gesunkene Fährschiff „Estonia“entstandene Arbeit ist wie die Objekte in Heitkötters Kunstsalon aus Papier gearbeitet: 852 Ärmel – ein jeder zum Gedenken an die rund 852 Opfer.

Im Kunstsalon Kaffee. Und der „Kimono der heimkehrenden Königin“. Korrespondierend dazu ist gerade ein mit Blattgold und -silber bearbeiteter Stuhl fertig geworden – eine neue Technik, an die sich Petra Heitkötter gerade wagt. „Wenn die Königin heimkehrt, soll sie einen würdigen Sitzplatz vorfinden“, sagt sie lachend.

So ist der Kunstsalon keine Galerie im vertrauten Sinne und Petra Heitkötter versteht sich nicht als Galeristin. Sie möchte Ausstellungsstücke um sich versammeln, die sie selbst begeistern und mit deren ProduzentInnen sie regen, künstlerischen und freundschaftlichen Austausch pflegt. Eine interessierte Öffentlichkeit soll daran teilhaben. Und das Konzept geht auf. Nach anfänglicher Scheu geht es hier immer locker zu, wildfremde Menschen – und nicht nur eine Kunst-Schickeria, worauf Petra Heitkötter besonders stolz ist – begegnen sich und kommen ins Gespräch. Dichterlesungen und andere Zusammenkünfte sind geplant. Wegen Astrid Bärndals Erfolg in Tallinn hat Petra Heitkötter die aktuelle Ausstellung verlängert. Letztmals am Sonntag, 6. Juli, in der Zeit zwischen 16 und 19 Uhr, kann man zwischen Stein, Papier und tiefem Blau bis durch aufs Klo, und einen Stuhl für KönigInnen sehen - und andere Einkehrende gibt es auch. Heike Wagner

Der Kunstsalon, Horner Straße 43