Frauenkrisentelefon: Mehr Schläge, weniger Geld

■ Vor 15 Jahren wurde das Frauenprojekt in Kreuzberg gegründet. Einsparungen des Senats und kürzerer Zeittakt der Telekom behindern die Arbeit

Das bundesweit einzigartige Frauenkrisentelefon (FKT) wird heute 15 Jahre alt. Wie alle sozialen Projekte ist auch diese telefonische Beratung von Frauen für Frauen in einer existentiellen Krise. Der Einbruch kam im vergangenen Jahr. Zum einen wurden die Mittel des Senats für Eigenwerbung gestrichen. Konkret bedeutet dies, daß die Werbung in den U-Bahnen und Telefonzellen wegfällt. Somit bleibt für die meisten Frauen nur noch der Griff zum Telefonbuch.

Auch die neuen Telekom-Gebühren zeigen Wirkung. So stieg 1995 mit einem zweiten Telefon die Zahl der Anruferinnen. Anfang 1996 nahmen die Anrufe aber ab, und viele Frauen beklagten sich, daß die oft langen Gespräche durch den kurzen Zeittakt unerschwinglich würden. Inzwischen haben sich die Anrufe wieder eingependelt: vier pro Tag bei zwei Stunden Beratung, so schätzen die Mitarbeiterinnen. Ihren Antrag auf eine der kostenlosen Telekom- Nummern lehnte die Telekom ab.

Seit einem Jahr fällt dem FKT- Team auf, daß die Anrufe wegen Gewalt stark zunehmen. „Arbeitslosigkeit und sozialer Abstieg von Männern werden auch an den Frauen ausgelassen“, bilanziert eine der 15 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Sie schätzt, daß der Anteil dieser Anrufe seit einem Jahr bei fast 40 Prozent liegt, vorher waren es 20 bis 30 Prozent. Oft ist der Griff zum Frauenkrisentelefon der erste Schritt, um zu reden. Die Gründe für die Anrufe sind so unterschiedlich wie der jeweilige soziale Status der Anruferinnen. Viele merken, daß seit Jahren in ihren Beziehungen etwas nicht stimmt, und wollen sich Unterstützung suchen. Aber auch alltägliche Nöte und einschneidende Veränderungen in ihrem Leben wie Trennung, Krankheit und soziale Stellung sind Beweggründe für einen Anruf.

Alles läuft anonym, wenn Namen genannt werden, „vergessen wir sie gleich wieder“, so eine Mitarbeiterin. Damit schaffen sie ein „niedrigschwelliges Angebot“. Im Gegensatz zum Notruftelefon geben die Mitarbeiterinnen auch keine Büroberatung, sondern vermitteln die Frauen dann an andere Stellen.

„In jeder Frau gibt es einen Punkt, an dem sie weiß, was sie will. Wir wollen sie durch Zuhören dazu bringen, selbst an diesen Punkt zu kommen“, faßt eine Mitarbeiterin das Konzept zusammen. Neue Mitarbeiterinnen des FKT werden drei Monate unter anderem durch eine Psychologin eingearbeitet. Elke Eckert

Das FKT ist unter den Nummern 615 42 43 und 615 75 96 erreichbar. Mo./Do. 10–12 Uhr, Di./Mi./Fr. 19–21 Uhr, Sa./So. 17–19 Uhr. Mi. spezielle Lesbenberatung