Chaoten planen die Hate Parade

Parallel zur Love Parade wollen sich am 12. Juli auch Punks aus dem ganzen Bundesgebiet in Berlin zum „Besäufnis“ treffen. Hate Parade als Ersatz für hannoversche Chaos-Tage  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Neben 700.000 Ravern sind zur kommenden Love Parade auch mehrere tausend Punks in Berlin zu erwarten. Über Flugblätter, Szenezeitschriften und auch auf den Punk-Seiten des Internet wird seit einem Monat für eine „Hate Parade“ in Berlin geworben. Sie wollen sich am 12. Juli um 14 Uhr auf dem Ernst-Reuter-Platz mitten im Love-Parade-Getümmel versammeln.

Auf den Flublättern wird das Punk-Treffen als „Verlegung der Chaos-Tage von Hannover nach Berlin angekündigt“ und als „das Punk-Ereignis 1997“ angepriesen. Abgedruckt wurden entsprechende Flugblätter auch in dem Punker-Magazin Zap, das mit einer Auflage von 5.000 einen Großteil der etwa 30.000 „Chaoten“ erreicht. Im „Cannibal Home Channel“ des Internet, der die hannoverschen Chaos-Tage der vergangenen Jahre mit umfassenden Dokumentationen und zynisch übertreibenden Kommentaren begleitete, heißt es, die Punks wollten zu ihrer Hate Pararde „getarnt in den Massen aus Pillenfressern, Mützenträgern und Farbfrisuren“ als „Abrißkommando Reichshauptstadt Berlin“ anreisen.

Mit den Worten „Remember Schutt & Asche“ wird via Internet und per Flugblatt auch an ironische Drohungen erinnert, mit denen die Punker bei den ChaosTagen die niedersächsische Landeshauptstadt überzogen und chaotische Polizeieinsätze provoziert hatten.

Die Idee einer Hate Parade als Gegenveranstaltung zur Love Parade kursiert in der Punk-Szene schon seit einigen Jahren. Bereits die hannoverschen Chaos-Tage von 1994 waren auf Flugblättern als Haßgegenstück zum Berliner Raver-Spektakel angekündigt worden.

Die jetzt kursierenden Flyer zur Berliner Hate Parade preisen das Treffen in Raver-Manier als „Ausdruck unserer Lebensfreude“. Sie persiflieren Werbeparolen des Dr. Motte oder drohen der Love Parade ein „Fight the Monster – Zieht der Geldmaschine den Stecker raus“ an.

Mit der Verlegung der Chaos- Tage zur Love Parade will die Punk-Szene offenbar auch der Polizei ein Schnippchen schlagen. Sie hatte im vergangenen Jahr mit einem Großeinsatz und einem Stadtverbot für alle Bunthaarigen ein größeres Treffen in Hannover von vornherein verhindert. In Hannover wollen sich die Punks erst wieder im Jahr 2000 anläßlich der Weltaustellung Expo zu ihrem sommerlichen Treffen einfinden.

Die Alt-Punker vom Heim- Kannibalen-Kanal hoffen, das die Polizei im Expo-Rummel ein großes öffentliches Besäufnis nicht von vornherein verhindern kann. Bei dem Theater Love Parade sehen sie offenbar ähnlich günstige Bedingungen und kündigen Fortsetzungen für 1998 und 1999 an.

„Die Menschenmassen der Love Parade sind das Wasser, in dem die Chaoten wie Fische schwimmen wollen, unerkannt und und geschützt“, heißt es im Kannibalen-Kanal im Internet. Bei so einem Riesenauftrieb könne die Polizei nicht einfach „die bunthaarigen Krawallbrüder aus der Stadt herausfischen und in einen Zug in Richtung des Heimatorts

stecken“.

Die tatsächliche Zahl der „Krawallbrüder“, die mit dem 35-Mark- Bundesbahnticket anrollen wollen, kann auch der Cannibal- Home-Channel nur schätzen. Mit einigen tausend sei in jedem Fall zu rechnen.

Ihre Traumzahl 5.000 habe gute Chancen, spekulieren die Initiatoren, wenn sich die Boulevard- Presse auf die „schönen Bösartigkeiten“ der angekündigten Hate Parade einschießt. Es liege aber an der Polizei, wenn das Punk-Treffen mehr werden sollte als nur ein anständiges Besäufnis.