Wie ein Bus zur Waffe wird

■ Stadtamt verbietet „akzept e.V.“, ein weiteres Mal einen „Junkiebus“aus Hamburg nach Bremen zu importieren: Die Gesundheit der Bevölkerung sei gefährdet.

Was in Frankfurt am Main und Hamburg an der Tagesordnung ist, gilt in Bremen weiterhin als „strafbare Handlung“: das Zur-Verfügung-Stellen eines Raumes, in dem Junkies sich unter hygienischen Bedingungen und unter Aufsicht von medizinisch geschultem Personal einen Druck setzen können. Der Antrag des Vereins „akzept“für akzeptierende Drogenarbeit, in dieser Woche zum zweiten Mal den sogenannten „Druckbus“aus Hamburg für einen Tag auf dem Goetheplatz zu postieren, wurde vom Stadtamt abgelehnt.

Dabei sollte der Bus in erster Linie als Info-Mobil dienen: für Mitarbeiter von Sozialdiensten, die sich dort hätten über Drogengebrauch und Gesundheitsräume informieren können sowie für Junkies, die sich in Sachen Safer-Use und Qualität von Heroin hätten schulen lassen können. Die Tatsache, daß Junkies den letzten Auftritt des Busses im April auch „als Raum für den Drogenkonsum“nutzten, führte jetzt zu dem Verbot.

In seiner Begründung geht das Bremer Stadtamt, statt auf den Gesundheitszustand der Junkies, auf die labilen Anteile der Bremer BürgerInnen ein: Von der „Vorbildwirkung“ist da die Rede, und von der „Gefahr“, die mit „dem– falschen – Eindruck eines freizügigen Drogenstrafrechts“erweckt würde. Und: „Die Gesundheit der Bevölkerung sowie die körperliche Integrität und das Leben des Einzelnen könnten dadurch Schaden nehmen.“

Diesen Teil der Begründung verstehen die Mitarbeiter von „akzept“am wenigsten. „Es sollte doch wohl in erster Linie um die Gesundheit der Junkies gehen“, so Georg Kurz-Lund. „Der kann man in so einem Bus sicher besser entgegenkommen als im Hinterhof“.

Daß es „im Lande Bremen einen solchen Junkiebus nicht geben wird“, bekräftigte gestern ein Sprecher der Innenverwaltung gegenüber der taz. Sollte der Bus noch einmal die Stadtgrenze überqueren, „wird er wahrscheinlich beschlagnahmt.“Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) hatte bereits im Mai bei einer öffentlichen Veranstaltung angedroht, ihn als „Tatwaffe“zu beschlagnahmen: Derartige Angebote zögen Junkies an „wie das Licht die Motten“.

Der Widerstand gegen die restriktive Linie des Innensenators hält sich in Grenzen. Die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Karoline Linnert, beschwert sich zwar über die „kleinkarierte Rechtsauslegung“, sieht aber die Einrichtung von Druckräumen auch nicht als wesentliches drogenpolitisches Ziel. „Man kann nicht einerseits die Szene entzerren wollen und andererseits spezielle Räume anbieten. Dennoch sei es aber das „gute Recht von „akzept“, im Rahmen der freien Meinungsäußerung für ihre Positionen zu werben.“

Für den Landesdrogenbeauftragten Ingo Ilja Michels war die Reaktion des Stadtamtes „erwartbar“. Doch auch Michels, der zu seinen Zeiten als „akzept“-Vorstandsmitglied in Berlin noch vehement gegen die „verhängnisvolle“restriktive Drogenpolitik des damals dort amtierenden Drogenbeauftragten gewettert hat, äußert sich heute abwiegelnd. Einen „direkten Zusammenhang zwischen Drogentoten und mangelnden Räumen“sehe er nicht: Vier von fünf, die Anfang des Jahres an einer Überdosis gestorben seien, seien in einer Wohnung gewesen. Und schließlich, aber das ist wohl immer so, sei das auch eine „finanzielle Frage“. jago