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: Winzige Pop-Artikel: Stock, Hausen & Walkman in der Baracke

Einem Plunderphoniker ist die Idee, daß die täglichen medialen Fluten von Sounds, Melodien und Texten irgend jemand gehören könnten, schlicht eine Absurdität. KLFs LP „1987“, die exzessiv das Werk der Beatles plünderte, wurde allerdings ebenso eingestampft wie John Oswalds „Plunderphonics“, die der Bewegung ihren Namen gab.

Stock, Hausen & Walkman blieb dagegen bis jetzt Ärger mit den Rechtsabteilungen der Kulturindustrie erspart. Das mag zum einen daran liegen, daß sie im Gegensatz zu Negativland, die Anfang der Neunziger einen Rechtsstreit mit U2s Plattenfirma geradezu herausforderten, nicht unbedingt zur Politfraktion der Anti-Copyright- Aktivisten und Plagiatoren zählen. Zum anderen bearbeiten Stock, Hausen & Walkman das gestohlene Material so gründlich, daß es am Ende nicht unbedingt wiederzuerkennen ist. Ihre LP „Organ Transplants Vol.1“ etwa erscheint aufs erste Hören als x-beliebiges Potpourri alberner Easy-Listening-Hits und offenbart erst bei genauem Hinhören ihre Absicht. Eine Melange aus winzigen Pop-Artikeln verdichtet den täglichen Ausstoß an banalem Pop zur totalen Regression, ohne dabei den Humor zu verlieren. Nicht umsonst ziert ein Miniaturklavier spielender Hamster das Cover.

Gleichzeitig verweist ihr Name ziemlich raffiniert sowohl auf die Hitfabrikanten der Achtziger – Stock/Aitken/Watermann – als auch auf ihr eigenes Operationsfeld zwischen Musique Concrète und Konsumkultur. Letztere zogen SH&H auch für ihre LP „Giving Up“ in Betracht: Während diese Studioproduktion den heimischen CD-Player mitdenkt und den Hörer zum Benutzen des Random- Knopfes auffordert, um die vertretenen musikalischen Fragmente in immer neue Ordnungen zu bringen, vertraut man live auf die Kraft des Zufalls und der Improvisation. Dabei wird auch in der Baracke vor dem Einsatz eines Cellos nicht zurückgeschreckt. Während deren Name übrigens mit dem morbiden Charme von Mitte zu spielen scheint, ist sie in Wirklichkeit ein überdimensionierter Container. Auch hier also alles anders, als man denkt. Ulrich Gutmair

Heute, 22 Uhr, Baracke des Deutschen Theaters