Humboldt-Uni erprobt Staatsferne

■ Senator Radunski (CDU) nimmt eigene Entmachtung im HU-Kuratorium hin

Das Kuratorium, oberstes Gremium der Humboldt-Universität (HU), will seine Aufgaben probeweise einem neuen Zirkel übertragen, in dem keine Politiker sitzen. Unter dem Vorsitz von Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) stimmten die KuratorInnen dem Konzept gestern zu. Niemand stimmte dagegen, Radunski enthielt sich. Das Konzept muß – nach einer zweiten Behandlung im Kuratorium – später von ihm noch einmal genehmigt werden.

Als erste Universität in Berlin will die HU die „Erprobungsklausel“ nutzen, die das Abgeordnetenhaus bei den letzten Haushaltsberatungen ins Berliner Hochschulgesetz eingefügt hat. Für eine befristete Zeit darf nun die Selbstverwaltung der Unis und Fachhochschulen von den Vorschriften des Gesetzes abweichen. Die Humboldtianer plädieren offiziell für ein kleineres Gremium, das zeitweise das Kuratorium ersetzen soll. Im neuen Gremium sollen keine Abgeordneten, SenatorInnen oder HU-Mitglieder sitzen. HU-Präsident Meyer deutete allerdings Ausnahmen an: So könnte der Wissenschaftssenator doch noch Sitz und Stimme erhalten – gegenüber der heutigen Parität mit vier SenatorInnen und vier Parlamentsmitgliedern immer noch deutlich mehr Staatsferne.

Anders als das bisherige soll das neue Kuratorium auch über Berufungen entscheiden. Dies tut heute offiziell der Senator, in Abstimmung mit den Uni-Gremien. Die Wirklichkeit sei heute anders, so Meyer: „Die Entscheidung über eine Berufung wird per Telefongespräch mit ganz anderen Leuten herbeigeführt.“ Radunski hätte sich gewünscht, „wenn die Hochschule zunächst eine Änderung der inneruniversitären Entscheidungsstrukturen“ beschlossen hätte. Bei diesen Änderungen ist jedoch das bundesweite Hochschulrahmengesetz im Wege, von dem die Berliner nicht abweichen dürfen.

Parlamentsabgeordnete seien im neuen Kuratorium entbehrlich, waren sich die Abgeordneten Sibylle Volkholz (Bündnis 90/ Die Grünen) und Monika Grütters (CDU) einig. „Wir vertreten überhaupt nicht die Aufgabe, für die wir gedacht sind“, so Volkholz.

Weniger selbstkritisch waren die GewerkschaftsvertreterInnen. Niko Stumpfögger (ÖTV) scheiterte aber mit seinem Wunsch, die direkte Vertretung des DGB im neuen Kuratorium festzuschreiben. Der Antrag fand zunächst die Mehrheit, aber die KuratorInnen hatten sich vertan – und wiederholten die Abstimmung mit entgegengesetztem Ergebnis. Matthias Fink