Fronten im Baustreik verhärten sich

■ Seit gestern sind über 1.000 Arbeiter von rund 30 Firmen im Ausstand, um Bundestarif durchzusetzen. IG BAU warnt: Arbeitgeberverband könnte zerbröseln, weil Firmen austräten. Kein Ende des Streiks in Si

Ausgeweitet hat gestern die IG BAU ihren Streik gegen die Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg. Nun streiken mehr als 1.000 Bauarbeiter von rund 30 Betrieben auf etwa 150 Baustellen. Erstmals sind auch Baustellen von Berliner Betrieben in Brandenburg von dem Ausstand betroffen. Sollten die Arbeitgeber der Fachgemeinschaft keine Verhandlungsbereitschaft signalisieren, will die Gewerkschaft die Daumenschrauben weiter anziehen: Anfang nächster Woche sollen nach entsprechenden Urabstimmungen auch Firmen aus Brandenburg in den Streik einbezogen werden.

Der Landesvorsitzende der IG BAU, Klaus Pankau, forderte die Fachgemeinschaft gestern erneut auf, ein Verhandlungsangebot zu unterbreiten. Sein „rotes Telefon“ sei 24 Stunden in Betrieb, aber solange die Arbeitgeber nicht von ihren Maximalforderungen abgingen, gebe es für die Gewerkschaft keine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Als „nicht verhandelbar“ bezeichnete er die von der Gewerkschaft geforderte Übernahme des bundesweiten Schlechtwettergeldes und der vollen Lohnfortzahlung bei Krankheit.

Die Gewerkschaftsführung zeigte sich gestern optimistisch über den weiteren Streikverlauf: Es sei nur vereinzelt zum Einsatz von Streikbrechern gekommen. Da die kleinen und mittelständischen Betriebe der Fachgemeinschaft einen hochrationalisierten und -spezialisierten Ablauf haben, sei es für die Arbeitgeber nicht ohne weiteres möglich, geeignete Ersatzarbeiter zu finden.

Der Präsident der Fachgemeinschaft, Kaspar-Dietrich Freymuth, bezeichnete den Ausstand hingegen als „außerordentlich traurige Veranstaltung“ und „Schaukampf“. Die Fachgemeinschaft wirft der IG BAU vor, mit dem Streik weitere Arbeitsplätze zu vernichten und die besonders harte Situation für den Mittelstand in Berlin zu verkennen. Für die kleinen Firmen sei es nicht nur schwer, gegenüber der Bauindustrie konkurrenzfähig zu bleiben. Auch die tarifliche Insellage Westberlins mache den Betrieben zu schaffen. Deshalb müssen man in den Forderungen hart bleiben. Die Fachgemeinschaft will die Regelungen des bundesweiten Tarifvertrags nicht akzeptieren und trat deshalb im März als erste regionale Organisation aus den Bundesverbänden der Bauarbeitgeber aus.

Gewerkschaftschef Pankau warnte vor einer „neuen Spaltung der Fachgemeinschaft“, die auf diesem Wege entstehen könne. Nach seinen Worten gibt es bereits Signale einiger Betriebe aus dem Arbeitgeberverband, die eine Einigung erreichen wollen. Zudem sei die Fachgemeinschaft schwächer, als sie behauptet: In Berlin vertrete sie Betriebe, die lediglich 7.000 bis 9.000 Bauleute beschäftigten, in Brandenburg Betriebe mit 4.000 bis 5.000 Bauleuten.

Sowohl die Arbeitgeber als auch die IG BAU schätzten gestern, daß die Tarifauseinandersetzung noch sehr hart und lang werde. Beide Verbände betonten erneut, daß sie gewillt seien, die Auseinandersetzung fortzusetzen. Tobias Singelnstein