Notizen aus dem Skater-Elend

■ Richard Linklater bastelt in „Sub Urbia“ an seiner Version vom lethargischen Leben der Twentysomethings weiter

So schnell wird eine Bewegung zur Geschichte. 1990 konnten sich Menschen, die an das Befreiungspotential von Jugend- und Popkultur glaubten, stets auf Douglas Coupland oder Richard Linklater berufen. Heute klingen Begriffe wie Generation X oder Slackertum höchstens noch wie ein T-Shirt- Logo von gestern. Coupland zumindest hat nach dem Tod von Kurt Cobain begriffen, wie sehr sein literarischer Entwurf vom Zeitgeist abhängig war, und schreibt mittlerweile Bücher über Computer-Nerds. Linklater dagegen dreht noch immer an seiner Vision vom lethargischen Leben der Twentysomethings.

Für „Slacker“ hatte er sich am tristen Alltag der Einwohner von Austin, Texas, abgearbeitet, „Dazed and Confused“ war eine Hommage an die Highschool-Tristesse der siebziger Jahre, und in „Before Sunrise“ durften sich zwei Studenten auf einem Interrail-Trip nach Wien kennen, lieben und wieder vergessen lernen. Insofern ist „Sub Urbia“ als Kompendium all jener verzweifelten Momente des Erwachsenwerdens eine Art amerikanische Unglücksversion von „La Boum – die Fete geht weiter“. College-Kids sitzen nachts an der Tankstelle, versuchen Mädchen rumzukriegen und trinken Bier. Manchmal kommt ein ehemaliger Kumpel vorbei, der jetzt Popstar ist, dann schimpft man über den Ausverkauf durch MTV und trinkt noch ein Bier. Weil es mit dem Sex nicht klappt, bedroht man schließlich mit einem Revolver den armen Kerl, der die Tankstelle gepachtet hat. Und weil der arme Kerl aus Pakistan stammt, ist „Sub Urbia“ auch so ein bißchen moralische Schelte auf all jene Kids, die mit Sonic Youth oder Beck aufgewachsen sind und es doch nicht besser wissen als ihre Alten.

Kurioserweise hat Linklater den Stoff für seine pimpelige Vorstadtstory auf dem Theater gefunden. Schon vor drei Jahren hatte das Stück von Eric Bogosian, der auch das Drehbuch für Oliver Stones „Talk Radio“ schrieb, am Broadway einigen Erfolg verbucht. Filmtechnisch ist Linklater dabei absolut gar nichts eingefallen. Einstellung für Einstellung folgt der Regisseur dem Redefluß, Monologe werden mit Nahaufnahmen pariert. Wer Peter Bogdanovichs „Last Picture Show“ noch nicht gesehen hat, sollte sich das Video besorgen und Linklaters Niemandsland zwischen Garagen- Punk und Skater-Elend ganz schnell vergessen. Es lohnt sich. Harald Fricke

„Sub Urbia“. Regie: Richard Linklater. USA 1997, 120 Minuten