Springer-Chef im Glück

■ Der Streit mit Kirch wird gemieden

Berlin (taz) – Die Frage nach Leo Kirch kam gleich als erstes, doch sie wurde als letztes beantwortet. Kurz nach dem Streit um die Macht bei Sat.1 zeigte der Vorstand des Springer-Konzerns sich auf der gestrigen Hauptversammlung wenig Neigung, sich öffentlich mit Kirch zu streiten. Der saß fröhlich grinsend auf seinem Platz neben Verlegerwitwe Friede Springer, welche die Aktienmehrheit vertritt. Nur zwei Wochen ist es her, daß das manager magazin Kirchsche Bankenunterlagen veröffentlichte. Danach hält er nicht nur 35 Prozent an Springeraktien, wie offiziell behauptet, sondern 40. Sein gutes Recht, sagte Aufsichtsratschef Bernhard Servatius: „Entscheidend ist, daß die nicht eingetragenen Aktien die Stimmverhältnisse nicht verändern.“

Und als gefragt wurde nach den Zielen Springers beim Sat.1-Coup, als der Verlag Anfang des Jahres seinen Anteil auf 40 Prozent erhöhte – Kirch strebt 59 an –, blieb die Antwort zahm: Extra „betonen“ wollte Vorstandschef Jürgen Richter, daß „gegenüber der Führung von Sat.1 volles Vertrauen besteht“. Von Veränderungen im Sender, von der Ablösung des Programmchefs Fred Kogel (ein Kirch-Mann) war keine Rede mehr. Gerade haben sich Bertelsmann und Kirch beim Digital-TV zum Pakt die Hände geschüttelt, da will der Springer-Chef öffentlich erst einmal abwarten.

Springer geht es gut genug, und der Vorstandschef fühlt sich zu stark in seinem Erfolg, als daß er derzeit gegen Intimfeind Kirch häßliche Schlagzeilen zu produzieren braucht. Der Umsatz stieg im letzten Jahr auf 4,4 Milliarden Mark, der Jahresüberschuß auf 164 Millionen, da traute sich Richter beim Blick auf die ersten Zahlen des laufenden Jahres, ein weiteres Rekordjahr anzukündigen: Mehr als 200 Millionen Mark will er 1997 als Jahresüberschuß erzielen.

Den Erfolg macht immer noch das Printgeschäft, und dazu trugen Neuheiten wie Computer-Bild und Familie & Co bei. Auch Bild ist noch immer für satte Gewinne gut: Die sei „eine richtig staatstragende Zeitung geworden“, schwärmte Richter. „Wir müssen sehen, daß Bild nicht zu seriös wird.“ Und nicht zu regierungsnah, könnte man hinzufügen. Als Richter letzte Woche Bild-Co-Chefredakteur und Kanzlerintimus Kai Diekmann abservierte, war von politischen Kursänderungen die Rede. Nun betonte Richter gleich viermal, der Verlag sei unabhängig. Die Welt macht laut Insidern immer noch knapp 40 Millionen Verlust im Jahr und wird weiter durchgeschleppt. Lutz Meier