■ Amnesty: Rassismus in der Polizei weiterhin ein Problem
: Rufe in die Wüste

Amnesty international hat der deutschen Polizei erneut schwere Übergriffe gegen AusländerInnen vorgeworfen. Damit hat sich im Vergleich zu den Vorjahren im Grunde nichts geändert. Morgen werden die Innenministerien und Polizeigewerkschaften den Bericht empört zurückweisen und anschließend zur Tagesordnung übergehen. So gesehen ist die Veröffentlichung des ai-Reports längst zu einem Ritual geworden, und diese verlangen nicht nach Veränderung. Wirklich nicht?

Nach dem Hamburger Polizeiskandal 1994 schien es für kurze Zeit anders zu werden. Zwei Studienprojekte der Polizei-Führungsakademie versuchten dem Phänomen der Fremdenfeindlichkeit in der Polizei näherzukommen. Auch wenn die Mittel und Ergebnisse unzulänglich waren – es schien ein Anfang. Indes, es blieb beim Schein. Der ganze Chor der Weißwäscher, die verantwortlichen Politiker, Polizeifunktionäre, Staatsanwälte und Richter, benutzen nach wie vor noch das gleiche Gesangbuch. Und darin gibt es nur die Lieder von der Falschbeschuldigung, dem bedauerlichen Einzelfall und den schwarzen Schafen in einer ansonsten tadellosen Einrichtung.

Unabhängig von allen Faktoren, die polizeiliche Mißhandlungen auslösen und begünstigen können, ist die Arbeit von PolizistInnen häufig nicht leicht; für gewaltlose Konfliktlösungen sind sie kaum ausgebildet und folglich schnell überfordert. Dies einzugestehen bedarf keiner Überwindung. Ein Grund also, hier ernsthaft über Veränderungen nachzudenken.

Angesichts der reflexartigen Reaktionen von Dienstvorgesetzten kann die selbstgerechte und -gefällige Haltung der Polizei jedoch kaum verwundern. Eine Polizei, die zudem weiß, daß Strafanzeigen gegen ihre BeamtInnen von der Justiz überwiegend eingestellt werden oder mit Freisprüchen enden, hat schlicht keinen Grund zur Verhaltensänderung. Im Gegenteil, sie muß fast zwangsläufig ein Bewußtsein entwickeln, das ein Überdenken der eigenen Position nicht mehr zuläßt.

Das Problem sind so dann auch nicht die aktiven Schläger. Dieser könnte man bei entsprechendem Willen rasch Herr werden. Das wirkliche Problem sind die aktiven Mitwisser: von den KollegInnen bis hinauf zum Minister. Wenn sich also etwas ändern soll, muß die Bewußtseinsveränderung zunächst hier, bei der schweigenden Mehrheit eintreten. Die Chancen stehen schlecht. Otto Diederichs