Sonne aus der Dose

Erst im Solarium wird Hamburgs Sommer schön: Doch ist künstliche Bräune gesund?  ■ Von Corinna Wichmann

Sommerurlaub: Es riecht nach Kokosmilch und Schweiß. Durch die geschlossenen Augenlider schimmert grelles Licht. Nur das monotone Geräusch erinnert überhaupt nicht an Meeresrauschen. Das klingt eher nach einem altersschwachen Generator. Ein zögerndes Blinzeln durch halbgeöffnete Augenlider trägt zur vollständigen Des-illusionierung bei: Statt auf Palmen und Sandstrand fällt der Blick auf drei schwarze Monitore. Die Sonne kommt aus der Steckdose. „Shuttle Light“heißt das Gerät, das den Oberkörper bräunt und aussieht, als sei es einer Science-Fiction-Serie entsprungen.

Sommer in Hamburg: Es regnet, ab und zu scheint auch mal die Sonne. Eigentlich das ideale Wetter für Sonnenstudios. „Ob die Sonne scheint oder nicht ist völlig egal“, weiß jedoch Christiane Selimovic vom Sonnenstudio in der Holstenstraße, „die Leute kommen bei jedem Wetter.“Nicht nur im Winter sei ihr Center ausgelastet, sondern gerade im Sommer. Schließlich müßten viele Hamburger arbeiten und machten erst im Herbst Urlaub.

Selimovic, selbst begeisterte Sonnenbänkerin, kann ins Schwärmen kommen, wenn's um ihre Geräte geht. „Natürlich muß man sich erst an die Bänke gewöhnen“, doch dann: Jeder könne die eigene Bräunungsintensität ganz individuell gestalten. Schonendes Vorbräunen vor der Fahrt in den Süden verhindere die Gefahr von Sonnenbrand. Selbst gegen Sonnenallergien helfe die Bräune aus der Steckdose.

Es geht ja nicht nur ums Braunwerden“, betont Selimovic. Die Sonnenbank durchwärme alle Muskeln, fördere das Wohlbefinden. Zwei Stammkunden im Alter von 70 Jahren behandelten ihr Rheuma auf der Bank. Und selbst bei Depressionen könne ein Sonnenbad helfen.

„Niemand geht aus gesundheitlichen Gründen ins Solarium“, sagt Doktor Ulrich Gehrke, Hautarzt in Hamburg. Die Sonnenbank als Prophylaxe für Mallorca-Akne und Sonnenbrände hält er für „ausgemachten Quatsch.“UV-Strahlung könne zwar gegen Sonnenallergien eingesetzt werden. Aber die Bestrahlung dauere dann nur 30 bis 40 Sekunden „und nicht zehn Minuten wie im Sonnenstudio.“

„Ins Solarium geht man doch nur, um braun zu werden“, ist Gehrke überzeugt. „Davor können wir Hautärzte nur warnen.“Die Haut speichere Sonneneinstrahlungen ein Leben lang. Jeder Sonnenstrahl werde summiert. „Irgendwann ist dann das individuelle Limit erreicht.“Die Folge: Hautkrebs. Solarien würden den Krebs zwar nicht direkt hervorrufen, aber je mehr Sonne man tanke, desto wahrscheinlicher sei eine Erkrankung.

„Natürlich übertreiben einige Leute“, weiß auch Sonnenbänkerin Christiane Selimovic. Sie kämen täglich, seien fast schon schwarz gebräunt. Über den Hautkrebs macht sie sich keine Gedanken. Ihr ist der ästhetische Aspekt wichtiger: Denn zu viel Sonnenbank mache die Haut eben schwarz und ledrig. „Das ist einfach nicht schön.“