Drang zur Freiluftbratwurst

Ob auf dem Balkon, im eigenen Garten oder auf öffentlichem Grün: Kaum ist es Sommer, wird der Holzkohle-Grill angeworfen  ■ Von Sabine Schrader

Jens-Uwe hält nichts von dieser Art der Nahrungsmittelveredelung. „Grillen“, sagt der promovierte Historiker, erschüttert über soviel Spießigkeit, „das ist noch schlimmer als jedes Wochenende in den Wohnwagen auf dem Platz.“Das mag daher kommen, daß der 42jährige seine Jugend in einer ostwestfälischen Kleinstadt verbrachte, wo an lauen Sommerabenden Brutzelschwaden noch aus dem kleinsten Vorgarten aufstiegen. Der kleine Jens-Uwe wohnte im Mietshaus – ohne Grillplatz. Ganz anders Anke: „Wir haben immer gegrillt“, schwärmt die 26jährige Kommunikationswissenschaftlerin von der „so gemütlichen“sommerlichen Dauerparty im elterlichen Garten. Besonders erfreulich war für die fidele Rheinländerin der frühe Umgang mit Hierarchien. „Das wird ja nicht gleichzeitig fertig“, erinnert sie sich begeistert, „und mein kleiner Bruder hat immer als Letzter sein Würstchen gekriegt.“

Mal davon abgesehen, daß Grillen längst nicht mehr verschmurgelte Bratwurst heißt – schließlich lassen sich Tofuburger und Getreidebratlinge genauso gut auf dem Rost wenden wie Auberginen, Paprika oder Bananen –, kaum ist es Sommer, sind die Nächte länger und lauer, befinden sich die Jens-Uwes dieser Welt eindeutig in der Minderheit. Ob im eigenen Garten oder auf öffentlichem Grün, es wird geröstet, was das Zeug hält.

Bevor das gesellige Bratvergnügen startet, sollte einiges beachtet werden: Als Brennmaterial wird Holzkohle und nichts anderes verwendet, rät die Feuerwehr und warnt vor zu großzügigem Gebrauch von Spiritus. Denn in der Sommerhitze verdunstet die Flüssigkeit schnell und bildet über der Feuerstelle leicht entflammbare Wölkchen. Überhaupt sollte sicherheitshalber immer ein Wassereimer oder Gartenschlauch griffbereit sein.

Es kann der Beste nicht in Frieden grillen, wenn es dem bratwurstfeindlichen und/oder nicht eingeladenen Nachbarn nicht gefällt. Das Brutzeln in Garten oder Hinterhof ist deshalb reglementiert. Michael Kopff vom Mieterverein zu Hamburg wird alljährlich mit Anfragen zum Grillen in Wohnhausnähe überschüttet. Er rät zu konsequenter Rücksichtnahme; dazu gehört, nach 22 Uhr auf lautes Feiern zu verzichten. „Im Garten und Hof zu grillen ist nicht unproblematisch“, meint auch Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern. „Bei extremer Geruchsbelästigung dürfen die NachbarInnen verlangen, mit dem Grillen aufzuhören.“Besonders notorische Balkon-Brutzler sollten deshalb vielleicht Grillapparate in Erwägung ziehen, bei denen der Qualm geruchsarm abzieht.

Zwar hat das Amtsgericht Bonn (AZ 6 C 545/96) entschieden, daß Grillpartys einmal im Monat zulässig sind, sofern die Nachbarn davon mindestens 48 Stunden vorher in Kenntnis gesetzt werden. Nach Ansicht von Kopff ein durchaus angreifbares Urteil. In Düsseldorf beispielsweise verhängte das Oberlandesgericht ein Bußgeld (Beschluß v. 26.05.95, AZ 5 Ss OWi 149/95), nachdem bei einem Grillfest fettiger Qualm in die Wohn- und Schlafzimmer der an der Fete unbeteiligten Nachbarn gedrungen war.

Partybrater sind aber auf jeden Fall vor überraschenden Einsätzen der Feuerwehr sicher: Die rücken zwar an, wenn sich NachbarInnen vom Verbrennen nichtkompostierbarer Gartenabfälle genervt fühlen; für Würstchengrills werden die Wasserschläuche jedoch nicht ausgerollt.

Mit quengeligen NachbarInnen hat Jan nichts am Hut. Da zieht er mit Freunden, Klampfe, Dosenbier und einem ausgedienten Herdrost doch lieber an die Elbe. Dort ist das gesellige Rösten zwar nicht erlaubt, wird aber geduldet. Der Müll muß selbst beseitigt werden. Weil's nicht alle so genau damit nehmen, wird in den Sommermonaten der Strand auch samstags durch eine Reinigungskolonne vom Müll befreit, während sonst die dafür zuständige Behörde für Strom und Hafenbau nur wochentags aktiv wird.

Ganz legal kann man Wurst und Gemüse am einzigen Grillplatz an der Elbe erst in Rissen, am Grillplatz Wittenberge, brutzeln. Der Rissener Platz an der Sülldorfer Landstraße, am Waldpark Marienhöhe, ist sogar überdacht.

Weitere Möglichkeiten zum Grillen im Grünen gibt es beispielsweise im Bezirk Bergedorf: Allein drei Plätze befinden sich rund um den Eichbaumsee, jeweils einer am Billewanderweg in Höhe des Kinderspielplatzes sowie in Lohbrügge-Nord. Und zwar dort in der Naherholungsanlage „Grünes Zentrum“am Kurt-Adam-Platz. BarmbekerInnen können ihrem Vergnügen im Stadtpark (Nähe Schwimmbecken) frönen; im Niendorfer Gehege begibt man sich in die Nähe des Parkplatzes, zwischen Ponyhof und Café.

In Poppenbüttel radelt man den Grillplatz nicht nur an, sondern kann ihn auch per Boot erreichen. Am Marienhof (Poppenbüttler Landstraße/Saseler Damm) kann ein entsprechendes Gefährt ausgeliehen werden, mit dem dann bis an die Alsterquelle im Rodenbeker Quellental gepaddelt wird. Der Grillplatz befindet sich am „Haselknick“. Südlich der Elbe sind Grillplätze in der Grünanlage „Rotenhäuser Feld“an der Neuhöfer Straße in Wilhelmsburg, am Schwarzenbergpark an der Buxtehuder Straße sowie in der Fischbek-Neugrabener Heide (Parkplatz der Segelfliegerschule am Scharlbargstieg), die alle gut für Gruppen geeignet sind.

Reservieren lassen sich die öffentlichen Grillplätze allerdings nicht. „Wer zuerst kommt, brät zuerst“, heißt die Devise. Einige haben aber mehrere Grillvorrichtungen, so daß sich durchaus verschiedene Gruppen dort vergnügen können. Die Plätze sind rund um die Uhr zugänglich.