Bitteres Bücherhallenhungern

■ Serienschließungen verhalfen den HÖB zu Schuldenfreiheit

Der härteste Teil der Hungerkur scheint überstanden. Zwölf Stadtteilbibliotheken sind geschlossen. Dies spiegelt sich ebenso wie der seit Oktober 1994 selbstverordnete Einstellungsstop der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen (HÖB) in den Zahlen des Jahresberichtes 1995-96 wider, den die HÖB-Chefin Hella Schwemer-Martienßen gestern auf der Jahres-Pressekonferenz vorstellte.

Der Bericht sollte vor allem eines dokumentieren: Das im Herbst 1996 beschlossene „Strukturkonzept HÖB 2000-X“zur Entschuldung und Bildung von Investitionsrücklagen hat sich für die leeren Kassen, wenn auch mittels bitterer Serienschließungen, bezahlt gemacht. Die HÖB sind schuldenfrei.

Die Kulturbehörde belohnte die brachiale Abmagerungskur der Bücherhallen im Haushaltsentwurf für 1998, indem sie die HÖB, die mit 47,3 Millionen Mark (etwa wie im Vorjahr) subventioniert wird, von weiteren Sparvorgaben ausnimmt. Nachdem die Behörde die HÖB von einem Tag auf den anderen zur Eigenwirtschaftlichkeit verdonnert hatte und die Subventionen seit 1994 um 5 Millionen kürzte, bedeutet dies wohl kaum mehr als einen warmen Händedruck.

Die Zukunft einiger Stadtteil-bibliotheken bleibt nach wie vor diffus. So ist z. B. unklar, wann und ob überhaupt die „nicht umbaubare“Altonaer Bücherhalle in den Mercado-Komplex umziehen kann, ob die Bücherhallen Sasel und Poppenbüttel, Niendorf und Schnelsen sowie Blankenese, Rissen und Sülldorf jeweils an zentraler Stelle zusammengelegt werden. Und was aus der Video-Bibliothek in den Zeisehallen wird, steht und fällt im Gerangel der Kulturbehörde mit dem Zeise-Eigentümer Herrn Mayr, der einen Mietvertrag bis 2012 in der Schublade hat.

Ginge es nach Schwemer-Martienßen, wäre die HÖB jedoch „lieber heute als morgen raus“. Allen rosafarbenen Sponsoring- und Privatisierungsträumen erteilte die HÖB-Leiterin eine unmißverständliche Absage. Die Umwandlung der HÖB am Mittelweg in die privat finanzierte und gesponsorte Bibliothek „Kolibri“sei ein Ausnahmeunterfangen, das nur in einem derart privilegierten und „sozial stabilen“Stadtteil funktionieren könne. „HÖBs können keine Finanzprojekte einzelner Bürger sein. Und ehrenamtliches Personal ersetzt keine ausgebildeten Bibliothekare“, so Schwemer-Martienßen, „die Grundfinanzierung bleibt eine öffentliche Aufgabe. Alles andere ist ein Irrweg.“

Birgit Glombitza