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Den Riegel Brill knacken

■ Allianz aus Sparkasse, Beirat Mitte, Geschäftsleuten und Handelskammer will den Weg von der City zum Faulenquartier freikämpfen: Sonst kommt dieses Viertel nie hoch

Staubige Baulücken, tote Garageneinfahrten, verwaiste Kneipen, zugeparkte Plätze, Unkraut auf Trümmergrundstücken und eine seelenlose Verkehrsschneise:Im Faulenquartier, dem Stadtviertel westlich des Brill zwischen Weser und Wallanlagen, ist einiges faul.

Anstatt seine historische Rolle als Teil der City wahrzunehmen oder sich zum beliebten Wohnviertel am Wasser zu entwickeln, ist das Faulenquartier abgehängt. Die Brill-Kreuzung wirkt wie eine Mauer zur Innenstadt, im Westen trennt die B 74 das Viertel vom Hafen und der Utbremer Nachbarschaft.

Eine Allianz aus Sparkasse, Handelskammer, Ortsbeirat, ansässigen Geschäftsleuten und Immobilien-Investoren will jetzt den Riegel Brill-Kreuzung knacken und Menschen mit ihrem Geld ins Faulenquartier ziehen. Nur wenn das gelingt, so die Überzeugung, lohnen sich Immobilienprojekte im Quartier. Denn bisher kehren zu viele Shopper aus der Innenstadt lieber um, anstatt auf dem Weg zur Faulenstraße die Bürgermeister-Smidt-Straße im schäbigen Brill-Tunnel zu unterqueren.

Die Sparkasse macht jetzt Druck. Sie möchte einen repräsentativen Eingangsbereich. Bisher unmöglich, denn die Straßenbahn „fährt ja quasi direkt durchs Haus“, heißt es. Auswärtige Kunden könne man ja nicht durch den düsteren Tunnel in die Kassenhalle lotsen.

Die Baubehörde reagiert: Die Gleise sollen ein Stück verlegt werden, um vor der Sparkassen-Zentrale einen kleinen Platz zu schaffen. Die Faulenstraße bekommt breitere Bürgersteige, Radwege und hier und da einen Baum. Außerdem will man für die häßliche Baulücke neben dem Leffers-Kaufhaus, die einer Erbengemeinschaft in Überse gehört, ein Baugebot aussprechen. Für eine Brache an der Ölmühlenstraße laufen Verhandlungen mit einem Investor.

Dennoch bleibt die Frage des Tunnels und der Fußgängerquerung des Brill entscheidend. Das CDU-geführte Bauressort sitzt in der Klemme: Einerseits sieht man die Nöte der Anlieger, andererseits ist es erklärte Unionspolitik, die Leistungsfähigkeit der Straßen nicht einzuschränken.

„Es ist doch nicht einzusehen, warum die Autos nicht mal kurz anhalten und die Fußgänger rüberlassen können“, sagt der Bauunternehmer Michael Bongartz. Er möchte auf dem Gelände des ehemaligen Kaufhauses Bamberger am Doventor (heute ein Aktenlager) und auf dem angrenzenden Grundstück des früheren Weinhauses Eggers & Franke mit einem Investor einen „Sechs- oder Siebengeschosser“mit Wohnungen und Läden bauen.

Die Zeit drängt: Das schräg gegenüber liegende Elektronik-Kaufhaus Saturn Hansa, größter Anziehungspunkt an der Faulenstraße, trägt sich mit Abwanderungsgedanken, weil es kein Pendant in der Nachbarschaft gibt. Der Mietvertrag ist jährlich kündbar. Geht Saturn, scheint eine Entwicklung des Quartiers auf Jahre hinaus unmöglich. „Dann wird die Lage prekär“, sagt Ortsamtsleiter Robert Bücking. Handelskammer-Syndikus Herrmann Krauß: „Das „Bamberger“-Projekt ist die letzte Chance für das Faulenquartier.“ Joachim Fahrun

Am Montag, 7.7., tagt der Beirat Mitte um 20 Uhr in der Architektenkammer, Geeren 41, zum Thema Faulenquartier.

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