Darf's etwas mehr sein?

■ Theo Waigel will jetzt sogar über 70 Milliarden Mark neue Schulden machen

Bonn (taz/dpa) – Die neuen Schulden im Bundeshaushalt 1997 werden nach jetziger Planung für den Nachtragshaushalt bei über 70 Milliarden Mark liegen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur gestern aus Koalitionskreisen. Bislang war lediglich von 63 Milliarden die Rede. Auch das war schon viel mehr als die vorgesehenen Neuinvestitionen des Bundes von 59,9 Milliarden Mark.

Wenn die Bundesregierung aber mehr Kredite aufnimmt, als sie neu investiert, ist das verfassungswidrig, sofern nicht nach Artikel 115 des Grundgesetzes ein gesamtwirtschaftliches Ungleichgewicht und dessen Überwindung plausibel gemacht werden können. Die Bundesregierung will ihren Nachtragshaushalt damit begründen, daß eine vorübergehend höhere Verschuldung bei niedrigen Zinsen eher geeignet ist, das Ungleichgewicht zu beseitigen, als Steuererhöhungen und Investitionskürzungen. Im ursprünglichen Haushaltsgesetz sind bislang nur 53,3 Milliarden Mark Neuverschuldung vorgesehen. Die Änderungen sollen im Nachtragsetat 1997 zusammen mit dem Haushaltsentwurf 1998 am kommenden Freitag vom Kabinett beschlossen werden.

Der Haushalt von Finanzminister Theo Waigel (CSU) für das nächste Jahr ist nach Angaben seines Ministeriums im Gerüst fertig und soll mit seiner Neuverschuldung im verfassungsmäßigen Rahmen leicht unter den vorgesehenen Investitionen von 58 Milliarden Mark abschneiden. Doch es wäre wohl ein Wunder, wenn sich im nächsten Jahr keine neuen Haushaltslöcher auftäten wie schon in diesem Jahr und im Vorjahr.

Keine Einigkeit gibt es bislang in der Koalition über die geplanten Kürzungen: rund zwei Milliarden im Sozialetat, 600 Millionen für die Bauern, je 300 Millionen für Forschung und Verteidigung sowie eine Milliarde Ermächtigungen für die regionale Wirtschaftsförderung der Jahre nach 1998. Noch immer kämpfen die jeweiligen Ressortchefs dagegen an. urb