Palästina vor einer neuen Intifada

■ Der neue Konflikt in Gaza und dem Westjordanland fordert sein erstes Todesopfer. In Gaza stirbt ein 14jähiger taubstummer Palästinenser an den Folgen eines Kopfschusses. Israelische Soldaten riegeln die Stadt Hebron ab

Hebron (taz/rtr) – Ein 14jähriger taubstummer Junge ist das erste Todesopfer der seit drei Wochen anhaltenden Straßenschlachten zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten. Gestern teilten die Ärzte eines Krankenhauses im Gaza- Streifen mit, der Palästinenser Ibrahim Abu Irtaimeh sei seinen Schußverletzungen erlegen. Der Junge hatte am 22.Juni einen israelischen Kontrollposten passiert. Die Halt!-Rufe der Soldaten konnte er nicht hören. Nach palästinensischer Darstellung erlitt er einen Kopfschuß.

Er dürfte nicht der einzige zu beklagende Tote bleiben, denn die Kämpfe zwischen Palästinensern und Israelis werden immer härter. Zentrum der palästinensischen Proteste war auch gestern Hebron. Mindestens 25 Palästinenser wurden von mit Gummi ummantelten Stahlkugeln israelischer Soldaten verletzt, darunter wiederum ein 14jähriger Junge am Kopf. Die israelische Armee sperrte den den Palästinensern zugebilligten Teil der im Westjordanland gelegenen Stadt ab und postierte Scharfschützen. Neue Proteste konnte sie jedoch nicht verhindern. An der Grenze zum jüdischen Viertel lieferten sich Palästinenser und israelische Soldaten erneut Straßenkämpfe. Die Palästinenser warfen mit Steinen, Flaschen und Brandsätzen. In einer Gasse explodierte eine Bombe. Die Soldaten antworteten mit einem Hagel ihrer Gummigeschosse. Mitglieder von Jassir Arafats Organisation Fatah versuchten vergeblich, die Demonstranten zurückzuhalten.

Die Konfrontation begann vor etwa drei Wochen, als das US-amerikanische Repräsentantenhaus seine Anerkennung Groß-Jerusalems als israelische Hauptstadt bekräftigte. Angeheizt wurden die Spannungen am vergangenen Wochenende durch von Israelis fabrizierte Plakate, auf denen der islamische Prophet Mohammed als Schwein dargestellt worden war. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte gestern die palästinensische Führung auf, in den Autonomiegebieten für Ruhe zu sorgen. taud

Tagesthema Seite 3