ProSieben greift Anlegern in die Tasche

Als erstes deutsches Fernsehunternehmen geht ProSieben heute an die Börse. Anleger zahlen den Höchstpreis von 72 Mark pro Aktie und bringen Thomas Kirch 1,26 Milliarden Mark  ■ Von Ulrike Fokken

Berlin (taz) – Wenn die ProSieben Media AG schon an die Börse geht, dann langt Mehrheitsaktionär Thomas Kirch gleich richtig zu. Zum Maximalpreis von 72 Mark bringt er mit den drei Konsortialbanken BHF-Bank, Hypo-Bank und Salomon Brothers die stimmrechtslosen Vorzugsaktien des Senders heute an die Börse.

Über eine Million Privatmenschen hatten in den vergangenen Wochen Kaufgebote in der von Kirch vorgegebenen Kaufrange von 66 bis 72 Mark abgegeben. Sie hätten 850 Millionen Stück der Fünf-Mark-Aktien gekauft, wenn ProSieben soviel auf den Markt hätte werfen wollen. Damit war die Aktie um das 50fache überzeichnet. Daß die Aktionäre auf Hauptversammlungen keine Stimme haben, hat die Anleger nicht gestört. Immerhin hatte ProSieben schon vorab versprochen, aktionärsfreundlich zu wirtschaften und die Aktionäre mit großzügigen Dividenden zu belohnen.

Zum Bedauern der Anleger schlägt Thomas Kirch als bisheriger und künftiger Hauptaktionär nur 17,5 Millionen Vorzugsaktien los. Die zur Führung der Geschäfte wichtigen 17,5 Millionen Stammaktien teilen sich weiterhin Kirch und die Handelskette Rewe. Die Bankgesellschaft Berlin rechnet damit, daß sich die Eigentumsverhältnisse nach dem Börsengang leicht verschieben werden. Dennoch behalte Kirch auf jeden Fall über 51 Prozent und Rewe unter 49 Prozent.

Da die erste Fernseh-Aktie Deutschlands so kräftig überzeichnet ist, werden die Aktien verlost. Nur jeder zehnte Anleger wird bedacht. Außerdem bekommen die zukünftigen ProSieben-Aktionäre nur einen Bruchteil ihrer Orders. Thomas Kirch bringen sie über den Ausgabepreis von 72 Mark 1,26 Milliarden Mark frisches Geld in die Kasse. Da die Nachfrage schon vor dem Börsengang so groß war, sind kurzfristige Gewinne mit der Aktie praktisch sicher. Im grauen Markt notierte die Fernseh-Aktie schon bei über 100 Mark. Optionsscheine auf ProSieben-Aktien mit einer Laufzeit bis 1998 liegen gar weit darüber.

Analysten der deutschen Banken sind sich einig, daß die Fernseh-Aktie für Anleger gewinnbringend wird. Denn allein im vergangenen Jahr hat das eng mit Medienmogul Leo Kirch verzahnte Unternehmen seinen Umsatz um 15,4 Prozent gesteigert. ProSieben machte zusammen mit dem Sender Kabel1 rund 1,7 Milliarden Mark Umsatz und knapp 170 Millionen Mark Gewinn. Insbesondere die wachsende Fernsehwerbung werde die Gewinne von ProSieben weiter steigen lassen. Einzige Gefahr: die mögliche Liberalisierung der Werbezeiten für die öffentlich- rechtliche Konkurrenz.