Frischbier aufgegeben worden

UKE-Strahlenskandal: Arzt praktiziert nicht mehr. Wissenschaftsbehörde unterstützt Patientinnen, die falsch behandelt wurden  ■ Von Lisa Schönemann

Der ehemalige Leiter der gynäkologischen Radiologie im Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE), Hans-Joachim Frischbier, arbeitet nicht mehr als Strahlentherapeut. Nach seiner Frühpensionierung im Februar 1996 hatte er in einer Gemeinschaftspraxis in der Innenstadt weiterpraktiziert. Die dortigen Radiologen gaben gestern bekannt, daß Frischbier bis zur Klärung der Vorwürfe gegen seine Person nicht in ihrer Praxis tätig sein wird. Frischbier hatte versucht, diese Erklärung zu verhindern.

Das am Wochenende bekannt gewordene, nunmehr dritte Gutachten im UKE-Strahlenskandal enthält ein eindeutiges Expertenvotum: Danach sind zwischen 1980 und 1995 mindestens elf Patientinnen mit zu hohen Strahlendosen behandelt worden und leiden teilweise bis heute unter den Folgen der Fehlbehandlung. Mit Bekanntwerden des Gutachtens haben sich viele Patientinnen erstmals zu Wort gemeldet, die falsch behandelt worden sein könnten. Patientenanwalt Wilhelm Funke prüft derzeit 14 neue Krankengeschichten von Frauen, die in der gynäkologischen Radiologie des UKE bestrahlt wurden. Auch die verantwortliche Wissenschaftsbehörde hat drei neue Anfragen von ehemaligen Krebskranken. „Die Brustkrebspatientinnen, die nach 1980 in der Schlüsselbeinregion bestrahlt wurden, erhalten von uns eine Pauschale von eintausend Mark, um sich einen Anwalt nehmen zu können“, erklärte Behördensprecher Tom Janssen gestern.

Seit Dienstag ermittelt auch die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung gegen Frischbier. Berufsrechtlich ist ihm bisher jedoch nicht beizukommen: Da Frischbier im UKE Beamter war, kann ihm die Ärztekammer weder die Approbation entziehen noch andere Schritte einleiten. Dennoch erteilte die Kammer dem Arzt vor einigen Monaten eine Rüge, weil er bei seinem Weggang aus dem UKE die Akten seiner Patientinnen mitgenommen hatte, um ihnen die Adresse seiner neuen Praxis mitzuteilen. „Dies war ein Verstoß gegen das für Mediziner geltende Werbeverbot“, erklärt Kammer-Sprecher Dieter Schmidt. Nur die Wissenschaftsbehörde kann gegen Frischbier berufsrechtlich vorgehen, sobald ihm gerichtlich nachgewiesen worden ist, daß er nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend gehandelt hat.

Im UKE wird zur Zeit fieberhaft überlegt, wie man die Millionenbeträge für die zu erwartenden Entschädigungszahlungen aufbringen soll. Die Klinik muß die Beträge aus ihrem Jahresbudget bezahlen. Bisher wurden dafür 57 Millionen Mark zurückgestellt, davon sind bereits über 20 Millionen ausgezahlt worden. Da ohnehin in den nächsten Jahren 52 Millionen Mark eingespart und weitere 40 Millionen für Pensionen aufbewahrt werden müssen, bekommen Mitarbeiter und Patienten nun die Daumenschrauben der Sparkommissare zu spüren.

Das UKE hat eine Hotline eingerichtet, bei der sich alle Frischbier-Patientinnen melden können, die jetzt nachunteruntersucht werden wollen: