Polizei durfte Punks nicht vertreiben

■ Verwaltungsgericht Hannover erklärt Platzverweise während der Chaos-Tage im vorigen Jahr für rechtswidrig

Hannover (taz) – Die über 1.800 Platzverweise, die die niedersächsische Polizei bei den Chaos-Tagen 1996 gegen Punker und andere junge Leute verhängt hat, waren regelmäßig rechtswidrig. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover, mit dem zwei Bewohnern der niedersächsischen Landeshauptstadt recht gegeben wurde. Die jungen Männer hatten gegen zwei Platzverweise geklagt, mit denen die Polizei sie Anfang August letzten Jahres aus einem 70 Hektar großen Park gewiesen hatte.

Wie bei 1.834 weiteren Platzverweisen während der Chaos-Tage 1996 berief sich die Polizei dabei auf Paragraph 17 Absatz 1 des niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes, nach dem zur Abwehr einer Gefahr jede Person vorübergehend eines Ortes verwiesen werden kann. Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover entschied jetzt, daß ein 70 Hektar großer Park nicht mehr als einzelner Ort im Sinne des Paragraphen 17 anzusehen ist. Platzverweise dürften nach dem niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz nur für einen örtlich beschränken Bereich, wie „ein Straßenstück, ein Grundstück oder einen Gebäudeteil“ verhängt werden. Ihre Definition eines Ortes übernahmen die Richter dabei wortwörtlich aus der Begründung der letzten Novelle des niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes, mit der die SPD- Mehrheitsfraktion im niedersächsischen Landtag eigentlich der Polizei gerade bei Chaos-Tagen mehr Befugnisse verschaffen wollte.

Von grundsätzlicher Bedeutung für die im August 1996 verhängten Platzverweise ist das Urteil, weil diese in der Regel noch großräumiger verhängt wurden. Die Polizisten, die alle Punks aus Hannover vertrieben, waren seinerzeit mit einem Formular für Platzverweise samt fotokopiertem Stadtplan ausgestattet, auf dem Hannover in drei Verbotszonen aufgeteilt war. Auch die Platzverweise, die seinerzeit von der Polizei nach den Karten verhängt worden seien, stünden im Widerspruch zu dem jetzt gefällten Urteil, sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Hannover gestern. Jürgen Voges