Privatschule ohne jeden Elite-Touch

■ Offener Unterricht in Integrationsklassen: Zehn Jahre Schülerschule Schenefeld Von Fritz Gleiß

Vor zehn Jahren starteten Eltern in Schenefeld ein Experiment, von dem sich ihre Kinder bis heute erholen. Weil sie ihren Kids über den Kindergarten hinaus eine halbwegs repressionsfreie Umgebung sichern wollten und sie gemeinsam mit behinderten FreundInnen zur Schule gehen sollten, beschlossen die Eltern den Aufbau einer eigenen Schule. Im Sommer 1985 nahm die „Schülerschule Schenefeld“ ihren Betrieb auf, seit 1990 gibt es dort einzügig die Klassen eins bis zehn. Möglich sind der Haupt- und Realschulabschluß.

Die Schülerschule Schenefeld ist keine Eliteschule. In der kleinbürgerlichen Umgebung am westlichen Stadtrand Hamburgs gelten die SchülerInnen als „wild, laut und unordentlich“, sagt Schulleiterin Ute Burmeister. Die Eltern stammen aus allen sozialen Schichten und sind heute gar nicht mehr soviel stärker engagiert als Eltern öffentlicher Schulen. Nicht wenige sehen in der Schülerschule die letzte Chance für den Sprößling. Sie zahlen für den Schulbesuch 175 Mark bei einem, 230 Mark als Höchstbetrag bei zwei und mehr Kindern. Ein Fünftel der Eltern erhält eine Ermäßigung, das Sozialamt allerdings kommt für derartige Gebühren nicht auf.

Das Besondere in Schenefeld: Alle SchülerInnen gehen zehn Jahre zur Schule, bis zuletzt gemeinsam mit behinderten Kindern in integrierten Klassen. Oft halten zwei LehrerInnen gleichzeitig offenen Unterricht, der stark handlungs- und projektorientiert ist. Bis zur neunten Klasse gibt es keine Noten, statt dessen Berichtszeugnisse. Sitzenbleiben fällt in dieser Schule prinzipiell aus. Davon können manch andere nur träumen.

Schlechter gestellt allerdings sind die Lehrkräfte. Sie erhalten kaum 80 Prozent der Gehälter ihrer öffentlich bestallten KollegInnen, weil Privatschulen nur einen Teil ihrer Kosten staatlich erstattet bekommen. Die „räumlichen Kosten“ muß die Schule übers Schulgeld selbst aufbringen oder einwerben. Belastet sind die LehrerInnen auch durch einen ungewöhnlich engen Kontakt zu den SchülerInnen und Eltern. löst zum Beispiel die lange Notenfreiheit bei vielen Eltern Ängste aus, die es zu beseitigen gilt; viel Zeit nimmt darüberhinaus die regelmäßige Supervision in Anspruch.

Mangelnde Anmeldungen haben die Schülerschule noch nie bedroht. Bei Klassenstärken von knapp 20 Kindern oder Jugendlichen kommt es viel eher mal dazu, daß neue Kids nach einer Woche „Probeschule“ mangels sozialer und kognitiver Fähigkeiten abgelehnt werden, sagt Burmeister. An ihrer Schule seien die LehrerInnen einfach „dichter dran“ an den SchülerInnen.

Daß die Schule ihren „schweren Weg“ zehn Jahre lang erfolgreich gegangen ist, wird Ende diesen Monats mit einem zweitägigen Fest gebührlich gefeiert. Am Sonnabend, dem 24. Juni, findet von 13 bis 22 Uhr ein Tag der Offenen Tür mit Musik, Flohmarkt, Vorführungen und Zauberei statt: Schülerschule Schenefeld, Blankeneser Chaussee 5, Tel: 830 10 78. ÖPNV: ab Bahnhof Altona mit der Linie 188 bis Schenefeld-Mitte.