Rechtwinkligkeit

■ Ziegel im Museum für Kunst + Gewerbe

Das Hamburger Maß ist ein Begriff, der normalerweise nur Baufachleuten etwas sagt. Er bezeichnet eine bestimmte Ziegelgröße – und die bildet den ideellen oder materiellen Ausgangspunkt der Arbeiten von sechs Künstlern, die seit gestern im Forum K des Museums für Kunst und Gewerbe gezeigt werden. Die Werke sind weitgehend Ergebnisse einer gemeinsamen Arbeitsphase im dänischen Egernsund, von einer dortigen Ziegelei angeregt und finanziert.

Der Kürze der gemeinsam verbrachten Zeit wie der räumlichen Nähe der Schaffensprozesse mag es zuzuschreiben sein, daß sich ein Grundmuster durch die ansonsten unterschiedlichen Konzepte zieht: Jeder Künstler hat eine Objektlösung gefunden und diese in mehreren Exponaten variiert. Seien es die Sarkophage der Norwegerin Tove Traavik, die mit ihren wechselnden Ziegelanordnungen auf gleicher geometrischer Grundform die Vielfalt der menschlichen Existenzen der Gleichmacherei des Todes gegenüberstellt, oder seien es Katrin Regelskis Folien abphotographierter Grundrisse über einer fest umgrenzten Fläche. Auch die Arbeiten von Jan Koblasa, Hans Braumüller sowie der Dänin Mette Olsen folgen diesem Grundprinzip, wobei die Spannweite von der Auseinandersetzung mit dem einzelnen Ziegel und seinen Proportionen (Koblasa) bis zum hochabstrahierten Ansatz reicht, der den Stein als Kleinstelement der Architektur in Beziehung zu Infrastruktur und ländlicher Umgebung setzt (Olsen).

Im Ganzen eine Ausstellung, die durch das gleichmäßig hohe Niveau der Arbeiten überzeugt und spannend wird durch den Gegensatz zwischen der streng nüchternen Rechtwinkligkeit des Ausgangsmaterials und der Vielfalt der künstlerischen Ansätze, die daraus entsprungen sind.

Jörg Königsdorf

Bis 2. Juli, Di–So 10–18, Do 10–21 Uhr; Museum für Kunst und Gewerbe