Mackie Messer in Blue

■ Joachim Kühn gastierte mit Begleitung im Übersee-Museum

Ein äußerst druckvoll und spielfreudig agierendes Trio der Spitzenklasse erlebten die ZuhörerInnen im Lichthof des Übersee-Museums. Und dies, obwohl Bassist Jean Paul Celea erst zu Beginn der Tour für den langjährigen Partner des Pianisten Joachim Kühn und des Schlagzeugers Daniel Humair, Jean-Francois Jenny-Clarke, eingesprungen ist. Aber Celea stellte sich als kompetenter Vertreter des großartigen Bassisten heraus. Keine leichte Aufgabe im Zusammenhang eines eingespielten Trio-Konzepts, das auf das gleichberechtigte Wirken aller Beteiligten baut.

Gleich im ersten Stück legten die drei Musiker ordentlich los. Mit heftigst angeschlagenen Akkorden in den unteren Registern, konterkariert von dissonanten I-Punkten in den hohen, setzte Kühn harsche Akzente im Fluß der Pianoläufe seiner Komposition „Para“. Der für Kühns Pianospiel sonst so kennzeichnende Wechsel von kräftigen Clustern und fließender Melodik, in der er neoimpressionistische, romantische Stilistiken aufgreift, trat hier zugunsten wuchtig treibender Linien zurück. Seine typischen, manchmal nervös irisierend klingenden Arpeggien blitzten erst in den folgenden Stücken stärker auf.

Daniel Humair an den Drums schuf dazu subtile melodische und rhythmische Strukturen, die sich mal mit den Pianolinien Kühns verschlangen, sich mal komplex mit ihnen verzahnten. Einmal mehr zeigte der gebürtige Schweizer, daß er zu den besten europäischen Schlagzeugern zählt. Er trommelt ausgesprochen melodisch, kann aber auch kraftvoll zulangen. Man merkt seinem Spiel die mehr als vierzigjährige Erfahrung in unterschiedlichsten Zusammenhängen an. Humair ist im Freejazz ebenso heimisch wie in konventionelleren Jazzspielarten und zeigte sich am Mittwoch abend zu Gags aufgelegt.

So bearbeitete er zwischendrin auch mal einen der Scheinwerfer mit seinen Sticks, begleitete ein Baß-Solo Celeas mit Palmen-Rütteln oder spielte „blind“mit dem Handtuch überm Kopf. Celea ließ vor allem singende Baßlinien hören. In seinen Soli zeigte er sich als ideenreicher Improvisator, der harmonische Wendungen bevorzugt.

Im zweiten Set mit Stücken aus der Dreigroschenoper (Seeräuber Jenny, Morgenchoral, Mackie Messer) trug sein Bass meist die Themen. Die Bearbeitungen der Brecht/Weill-Songs (vom Trio auch als CD eingespielt) erwiesen sich als spannende Neuinterpretationen, die die Themen nicht lediglich als Ausgangspunkt für ausführliche Improvisationen nutzten. So bekam „Mackie Messer“einen wunderbaren Bluesanstrich verpaßt. Die ZuhörerInnen im Lichthof des Übersee-Museums zeigten sich zu Recht begeistert von dem mitreißenden Auftritt des Trios.

Arnaud