■ Neu aus Hollywood: Versicherungspolice gegen Knast
: Reden Sie mal mit Herrn Kaiser

Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind der Besitzer eines Ladens, der zum Beispiel Möbel verkauft. Das Geschäft läuft gut, denn Sie haben einen Topverkäufer. Der Mann quatscht den Kunden die Ohren ab und kann ihnen wirklich alles verkaufen. So weit, so prächtig. Die Sache hat nur einen Haken: Ihr Starverkäufer ist ein echter Hallodri, der ab und zu ganz gerne aus der Rolle fällt. Da er polizeibekannt ist, haben die natürlich zielsicher das Auge des Gesetzes auf ihn geworfen, und er wandert immer mal wieder für Tage oder Wochen in den Knast. Das ist ganz schlecht für Sie. Ihr Umsatz geht in den Keller, von Profit keine Spur mehr. In so einem Fall wäre es doch eine feine Sache, wenn es dafür eine Versicherung gäbe. Sie schließen einfach eine Police ab, die in Kraft tritt, wenn Ihr Angestellter mal wieder gesiebte Luft atmet. Und Sie sind fein raus. Sagen wir mal, Ihr Mann sitzt eine Woche im Gefängnis, und die Versicherung zahlt Ihnen prompt 20.000 Mark aus.

Nicht schlecht, jedoch unmöglich, sagen Sie? Auf so einen riskanten Deal läßt sich keiner ein, meinen Sie? Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer würde sich einen Ast lachen? Sie haben natürlich recht, bei uns gibt's so etwas nicht – aber in Amerika. Denn Hollywood hat einen neuen Ausgabenposten entdeckt.

Eine Versicherungspolice mit sechsstelligem Wert tritt bei der Großproduktion „U.S. Marshalls“ in Kraft, falls der Schauspieler Robert Downey jr. verhaftet wird. Dafür ist der nämlich berühmt. Im Juni 1996 haben sie ihn geschnappt, Drogenbesitz. Nachdem er's dann einfach nicht lassen konnte und wiederholt gegen die richterlichen Auflagen verstieß, wurde er für eine sechsmonatige Rehabilitationskur in eine geschlossene Einrichtung gesteckt. Downey schloß die Behandlung ab und spielte danach in zwei Independent-Filmen mit. Aber er galt in der Branche als heißes Eisen. Daß er jetzt in dem 60-Millionen- Dollar-Film „U.S. Marshalls“ (das Sequel von „Auf der Flucht“) mit Tommy Lee Jones und Wesley Snipes mitspielen darf, verdankt er einzig und allein einer speziellen Versicherungspolice.

Bislang wurden Versicherungen vor allem gegen Unfälle auf dem Set oder gegen Wetterkatastrophen abgeschlossen. Daß die mögliche Verhaftung eines Schauspielers zum Inhalt eines Versicherungsvertrages wurde, ist neu. Eingefädelt wurde der exotische Coup von Entertainment Coalition, einer Dienstleistungsfirma, die auf Versicherungen in der Entertainment-Branche spezialisiert ist. Sollte Downey wieder ins Gefängnis müssen, wäre die Produktion durch Verluste von mehreren hunderttausend Dollar pro Tag extrem gefährdet, und die Versicherung träte in Kraft.

Allerdings wird diese Absicherung wohl ein Einzelfall bleiben. In seinem nächsten Filmprojekt „Gingerbread Man“ soll für Downey keine derartige Police abgeschlossen werden, zu teuer. Die Versicherungsgebühr würde 1 Million Dollar betragen, und das bei einem Gesamtbudget von weniger als 30 Millionen. Downeys Agenten Nick Styne und Ed Limato berichten, daß der flatterhafte Mime seit seinem Knastaufenthalt viele Angebote erhalten habe. Bei einem Projekt sollte er die Versicherungskosten in Höhe von 700.000 Dollar aus eigener Tasche bezahlen. Das hat er abgelehnt.

Also, wenn Sie einen Möbelladen besitzen oder Bernd Eichinger heißen und ein schräger Vogel als Angestellter für Sie rackert, reden Sie doch einfach mal mit Herrn Kaiser. Vielleicht bringen Sie ihn ja auf eine neue Idee. Schließlich ist noch jeder Blödsinn aus den USA irgendwann zu uns herübergekommen. Karl Wegmann