: Panzermädchen und Pterodactyle
■ Der 2. Internationale Comicsalon gastiert vom 2. bis 5. Mai in den Deichtorhallen
Die Rede vom Comic-Entwicklungsland Deutschland ist beharrlich und beweist sich in quantitativer wie qualitativer Hinsicht. Zwei Beispiele: Ein neuer Band von Enki Bilal, einem der wichtigsten Zeichner der letzten Jahre, verkauft sich in Deutschland einige tausend Mal, dagegen beträgt allein seine Startauflage in Frankreich 250.000 Stück. In Japan, dem Rekordhalter aller Umsatzzahlen, haben die wöchentlichen Mangas Auflagen um die 200.000 Stück trotz diverser konkurrierender Hefte.
Aber auch die Verlags- und Zeichnerszene in Deutschland befindet sich im Samenstadium. Deutschlands vielleicht einziger Zeichner von Weltgeltung, Matthias Schultheis, wurde in Deutschland erst von großen Verlagen veröffentlicht, als er via Frankreich ein Star war. Unter dieser Struktur leiden natürlich auch Talente, die kaum Chancen bekommen, ihre Arbeiten bei Verlagen unterzubringen.
Ob dies ein grundsätzliches Problem deutscher Lesegewohnheiten oder – ähnlich wie beim Musikmarkt, der nach vielen Hundejahren dank Techno, Hamburger Schule und Viva endlich zu blühen beginnt – auf fehlender Promotion beruht, läßt sich mit Veranstaltungen wie dem 2. Internationalen Comicsalon überprüfen. Mit einer Fachmesse, die Künstler zum Anfassen und Verlage zum Kennenlernen präsentiert, 14 Ausstellungen, einer Tauschbörse und diversen Diskussionen wird Hamburg über Pfingsten zum Comic-Elysium.
Die deutlich kommerzielle Ausrichtung der Veranstaltung mit vielen internationalen Stars mag in einem Stadium, wo man noch immer das Medium an sich bewerten muß, gerechtfertigt sein. Außerdem kommen auch nationale Könner vor: Anke Feuchtenberger, Berliner Illustratorin mit kantigem Strich und Witz sowie Martin tom Dieck, Lesern dieser Zeitung als Zeichner von Jazzgrößen bekannt, stellen in der Galerie Kramer aus; die Hamburgerin Isabel Kreitz präsentiert ihren Band Ohne Peilung über einen Bunker mit vergessenen U-Booten in der Finanzbehörde, wo auch die Ausstellung Comic-Strips für Ausländerfreundlichkeit stattfindet, und Dirk Schulz zeigt in den Deichtorhallen, seine Serie Indigo.
Im Blitzlicht des Interesses dürfte aber eine Newcomerin stehen: Tank Girl, fälschlich als Symbol einer neuen Girlie-Generation ausgerufen, kann dank der Promotion, die für den in Kürze in Deutschland anlaufenden Film gemacht wurde, mit vielen Neugierigen rechnen. Aber auch die Retrospektive auf Moebius' wundersame Welt sowie die Ausstellung zu Prinz Eisenherz (alle nördliche Deichtorhalle) werden genug Fans anlocken, um die Besucherzahl von 15.000 des letzten Comicsalons zu überbieten.
Weitere Schwerpunkte sind die erotischen Comics von Serpieri (Erotic Art Museum), die französischen Künstler/Zeichner Philippe Bertrand (Hotel Steigenberger) und Alex Barbier (Galerie für Eisenwaren) sowie eine große Schau japanischer Mangas. Mehr über die einzelnen Zeichner auf der morgigen Kulturseite. Till Briegleb
Fr-Mo, 10-18 Uhr; Einzelheiten siehe Veranstaltungshinweise am jeweiligen Tag; Tauschbörse: Sa/So, 10-18 Uhr, Traxx
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