Geschwindigkeit, Sex, Gewalt

■ Nächste Woche läuft das Kurzfilm & No Budget-Festival

Die Zahlen klingen beeindruckend: 2025 Filme aus 59 Ländern werden in 6 Spielstätten in 13 verschiedenen Kategorien zu sehen sein. Die Unüberschaubarkeit des Schauens, die Heterogenität des Angebots scheint Programm für das 11. Kurzfilm & No Budget-Festival, das vom 7. bis 11. Juni über Hamburgs Leinwände flimmert.

In der Reihe „Fresh Hamburg Shorts“ wird eine Auswahl aus dem hiesigen Schaffen getroffen. Hoffnung macht dabei etwa Regen in New York von Krischan Koch, in dem Peter, Biggi und Wilfried vor dem Fernseher „Warten auf Boris“ spielen. Doch in Flushing Meadow regnet es, und viel mehr haben sie sich auch nicht zu sagen, dabei trägt aber insbesondere Wilfried die deutsche Hausmannskluft, den fadenscheinigen Trainingsanzug, ziemlich würdevoll.

Zum 100jährigen Geburtstag des Kinos wird natürlich auch beim Kurzfilmfestival retrospektiert, bis es flimmert. Gleich drei Reihen spüren den zentralen Motiven Geschwindigkeit, Sex und Gewalt nach. Im „Flotter Dreier“ startet etwa der russische Animationsfilm Golden Gate von Oleg Korastelev, dem allerdings die konzeptionelle Zeitvorgabe sichtlich Probleme bereitete. Denn was läßt sich schon in knapp drei Minuten erzählen?

Überhaupt mag beim ersten Sichten einiger Filme aufgefallen sein, daß Kurzfilme immer dann ihren Genre-Vorteil nutzen, wenn sie sich wie What Happened To Pete die Definition einer Novelle aneignen und eine kurze, einschneidende Begebenheit wiedergeben. Dieser wunderbar lakonische Streifen, in dem Mr. Pink aus Reservoir Dogs wegen ein paar Horror-Taschenbüchern einen spatteligen Mord begeht, ist von Steve Buscemi und in die Reihe „First Steps“ geladen, die die ersten Schritte von Antonioni, Siegel und Scorsese dokumentiert und einen Vergleich zum aktuellen Kurzen ermöglicht. Problematisch wird es, wenn sich Filmer ausschließlich auf Worte verlassen. So läßt etwa Philip Hunt seiner Begeisterung für William S. Burroughs freien Lauf und illustriert dessen Kurzgeschichte Ah Pook Is Here mit einem genexperimentellen Suppenhuhn, das den philosophischen Burroughs-Text mümmelt. Hunt bewirbt sich im Wettbewerb um den von Premiere gestifteten Hamburger Kurzfilmpreis.

Beim Festivaltreffpunkt in der Markthalle kann man außerdem Videos ausleihen oder Digitale Videos gucken. Vor allem sollte man aber hier den unabdingbaren Katalog abgreifen, der Licht ins Kurzfilm-Dickicht bringt.

Volker Marquardt