Mit klugem Witz die Sinne schärfen

■ Hammoniale: L'Art pour L'Art ergründete den Humor in Neuer Musik

Wer schon immer von den klang-lichen Qualitäten eines tropfenden Wasserhahns wußte oder das schöne Lautbild des Wortes „Schraube“ genießen konnte, mußte begeistert sein von den Werken Carola Bauckholts, die das renommierte Hamburger Ensemble L'Art pour L'Art auf Kampnagel zu Gehör und Augenschein brachte. Die übrigen Zuhörer konnten ihre Sinne schärfen für die sonst so leicht überhörte Musik im Gewohnten, schließlich schafft die Mauricio Kagel-Schülerin mit Witz und einem Gespür für musikalische Spannung, atonale Klänge mit Alltagsgeräuschen, Alltagssprache und auch Bildern zu verbinden.

Selbstportrait in gewohnter Umgebung hieß das Programm, das Carola Bauckholt im Rahmen der Hammoniale zusammengestellt hat: Der Titel nach einer ihrer Kompositionen spielt auf die eigene künstlerische Programmatik ebenso an wie auf die Einbettung der Bauckholt-Stücke in Werke befreundeter Komponistinnen. Diese „Umgebung“ thematisiert vor allem die Grenze zwischen Stille und Musik: Ein besonders schönes, fragiles Gewächs ist der Dialog zwischen Flöte und Cello, a solitary flower comes out... von Makiko Nishikaze. Hier klingen selbst Dissonanzen und Glissandi zart und seltsam romantisch. In Silke Fraikins Boote ... Wind – Atem ... Töne für eine Flötenspielerin schaffen lautes Atmen und stimmloses Klappernschlagen ein Bewußtsein für den einzelnen Ton und seine Produktion. Langsam kommen Melodien hervor, unterbrochen von Trillern, Glissandi und langen Tönen – eine anregende Erkundung verschiedener Flöten.

Die witzigeren und theatralischeren Programmteile bilden die eigenen Werke von Carola Bauckholt: In Schraubdichtung liefert die absurd-artifizielle Überbetonung von gesprochenen Werkzeugnamen das höchst klangreiche alltagseinbindende Element im eigentümlich groovenden, ja mitreißenden Spiel von E-Baß, Cello und Schlagzeug. In gewohnter Umgebung III verwendet ein Video und untersucht Zusammenhänge von optischen und akustischen Reizen: Mal „synchronisiert“ die Live-Musik das Bild, mal bildet das aggressive Spiel einen Kontrast zu den Videobildern, manchmal wechseln Bild und Geräusch eines Gegenstandes.

Niels Grevsen