Wunderbares Bewußtsein

■ Bei ihm lernt das Gehirn, über sich selbst zu staunen / Am Donnerstag stellt Oliver Sacks neue Fallgeschichten vor

In alltäglichen Kontexten hört man es selten, aber es begleitet uns doch unentwegt, das Gemurmel der biochemischen Wissenschaften vom Menschen. Es murmelt in der Medizin, der Psychologie, nicht zuletzt murmelt es auch in den philosophischen Selbstverständigungsdebatten, was das bedeutet: Mensch zu sein. Und es murmelt immer das gleiche: Das menschliche Bewußtsein ist im wesentlichen nichts anderes als die Funktion biochemischer Prozesse und der Mensch also nichts anderes als eine Maschine.

Nun mag das stimmen oder nicht (wobei, wenn es stimmte, immer noch geklärt werden müßte, ob eine Maschine, die erkennt, daß sie eine Maschine ist, immer noch eine Maschine ist). Aber eins ist klar bei diesen Fachmanndiskursen, die nur in Form einiger Schlagworte in die alltägliche Lebenswelt durchdringen: Sie sind unglaublich langweilig. Und sie sind mit Diskursschranken sondergleichen bewaffnet. Wie anders, wie erfrischend und wie lehrreich sind dagegen die Geschichten, die Oliver Sacks dem menschlichen Gemurmel über sich selbst hinzufügte. Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte ist längst zum geflügelten Wort geworden. Und das zu Recht. Denn indem der britische Neurologe, der in New York arbeitet, nichts anderes tut, als in seinen Fallgeschichten davon zu berichten, was alles schiefgehen kann im menschlichen Gehirn, öffnet er ein Fenster des Verständnisses dafür, was eigentlich Wunderbares im Bewußtsein passiert, auch und gerade wenn wir es nicht bemerken, weil alles richtig läuft.

Der große Theatermacher Peter Brook hat aus den Geschichten das Stück The Man Who gemacht und daraus etwas sehr Schönes inszeniert: das Staunen des Menschen über sich selbst. Dieses Staunen hat Sacks jetzt aufs neue unterfüttert: Vor wenigen Wochen erschien sein neues Buch Die Anthopologin auf dem Mars mit neuen Fallgeschichten im Rowohlt Verlag auf deutsch. Am Donnerstag um 19 Uhr stellt Oliver Sacks es im Hörsaal A des Hauptgebäudes der Hamburger Universität vor. drk