Musik interessierte nicht beim West-Port-Konzert des algerischen Sängers Khaled

In Frankreich wird er als Superstar gefeiert. In Algerien ist er wegen seiner freizügigen Texte ungern gesehen. Nun ist der „King of Rai“auch bis zu uns in den kühlen Norden vorgedrungen.

Die ungeduldigen Fans des Algeriers ließen die sanften Gitarrenklänge des türkischen Musikers Mehmet Ergin, der die Unverschämtheit besessen hatte, auch an diesem Abend zu spielen, nicht etwa still über sich ergehen, sondern brüllten aggressiv dazwischen. Dem in Hamburg lebenden Künstler und seinem Streicherensemble wurde keine Chance gegeben, Cello, Kontrabaß und Geige waren offensichtlich unerwünscht.

Als der maghrebinische Musiker Khaled, dessen Hit „Aicha“in Frankreich durch alle Kaufhäuser dröhnt, dann die Bühne betritt, wird es ganz wild. Plötzlich klettert jemand auf die Bühne, und nähert sich dem Angebeteten mit kreisenden Hüftbewegungen. Die Gemüter sind erhitzt: Wenn einer darf, dann wollen die anderen auch. Die Bühne wird immer voller, aufgekratzte junge Männer springen dort herum. Und während die schwarzgekleideten Sicherheitsmenschen mit der Aufschrift „Control“auf den dicken Bäuchen überhaupt keine Kontrolle mehr haben, verstecken sich die Musiker hinter den Instrumenten. Die Stimmung in dem verrauchten, stickigen Zelt ist aggressiv. Geballte männliche Potenz wird da zur Schau gestellt. Frauen in engen Tops rufen aufgeregt „Habibi“(arabisch: Liebling) und versuchen dem Sänger wenigstens einen Kuß auf die verschwitzte Wange zu drücken. Fotos für's Familienalbum werden geknipst.

Dann versuchen es die schwarzen „Controls“noch mal mit der Kontrolle. Sie nehmen Khaled das Mikro weg und drohen den euphorischen Fans mit Unterbrechung des Konzerts. Einige springen verständnisvoll von der Bühne.

Das Gemisch aus Reggae, Funk, Flamenco und Rap ist schlecht ausgesteuert, doch die schlechte Akustik stört niemanden. Denn um Musik geht es schon lange nicht mehr.

Katja Fiedler