St. Pauli is Knocking on Heaven's Door

■ Der FC St. Pauli überrascht seine Anhänger mit einem überzeugenden 1:0 gegen Schalke 04

Die Fans auf der Gegengerade taumelten im Konsumrausch. „Kaufen, kaufen, kaufen!!!“hallte es durchs Rund. Das Publikum hatte die Testspieler Daniel Franco und Kaliph Sidibe in sein Herz geschlossen und appellierte bei deren Auswechslungen lautstark an die Vereinsführung, die beiden Kicker unter Vertrag zu nehmen.

Nicht weniger als elf neue Spieler brachte Trainer Eckhard Krautzun zum Saisonauftakt gegen den FC Schalke 04 zum Einsatz. Die neu formierte Mannschaft zeigte gegen den Uefa-Cup-Sieger ein wirklich gutes Spiel. 4.800 Zuschauer rieben sich verwundert die Augen: Der FC St. Pauli, der sich noch unter der Woche mit einer katastrophalen Leistung gegen den SC Egenbüttel blamiert hatte, hielt gegen Schalke nicht nur mit, sondern bestimmte über weite Strecken das Spiel. Die Abwehr stand sicher, und das zusammengewürfelte Mittelfeld kombinierte flüssig. Auf diese Weise erspielte sich das erneuerte St.-Pauli-Team bessere Chancen als der große Gegner aus der ersten Liga.

Auch das Siegestor war eine Gemeinschaftsproduktion der Neuen. Nach einer knappen Stunde lupfte Rechtsaußen Michael Mason den Ball in den Strafraum, Proband Sidibe beförderte die ein wenig abgedriftete Flanke per Fallrückzieher vor das Tor von Jens Lehmann, Millerntor-Rückkehrer Marcus Marin grätschte in die scharfe Vorlage des Guinesen und brachte den Ball ins Tor. Ein Einstand nach Maß für den erst am Mittwoch eingetroffenen Wanderprofi. Schalke 04 – mit sieben Uefa-Cup-Siegern in der Anfangsformation – war geschlagen.

Ja gut, sicher, die Schalker waren im letzten Spiel ihres Ostsee-Trainingslagers längst nicht so entschlossen und bissig wie im Finale gegen Inter Mailand. Okay, das Schiedsrichtergespann kam aus Hamburg und war bei einigen Situationen, die verdächtig nach Notbremsen aussahen, erstaunlich tolerant. Auch Krautzun warnte, man dürfe „das Spiel nicht überbewerten“.

Sicher, „für unsere Fans war das eine Supersache“, kommentierte der Neutrainer den eindrucksvollen Sieg. Alle Spieler hätten sich „nahtlos in das System eingefügt“. Aber die Schalker seien in der zweiten Hälfte ziemlich müde gewesen. Auch bei den umjubelten Gastspielern Franco, Sidibe, Richard Manga und Akgün Tuncay, bremste Krautzun die Euphorie der Zuschauer: „Wir können nicht alle Spieler verpflichten, die wir heute gesehen haben.“

Die eingefleischten Fans hatten sich derweil längst wieder auf den Vorplatz begeben, wo der Verein zum Saisonbeginn eine Party springen ließ. Der in den letzten Monaten nicht gerade verwöhnte St.-Pauli-Anhang ließ sich die Stimmung vom mittelmäßigen Festprogramm nicht verderben. In der Abenddämmerung spielten sich rühr- und bierselige Verbrüderungsszenen mit den Schalker Fans ab. Um den Fußballkitsch perfekt zu machen, intonierten die Pop-Rocker von der Wayne Morris Band dazu: „Knocking on Heaven's Door“. Johannes Eltzschig