Macht man jetzt wohl so

■ Testlauf für eigene Talkshow: „Hiltrud Schröder besucht“ (22.15 Uhr, Vox)

Der Sender Vox hat Erfahrungen mit Talksendungen, in deren Mitte eine prominente Person sitzt, die zwar Namen und Ansehen genießt, deren Fernsehtauglichkeit aber auf einem anderen Blatt steht. Spiegel-TV Thema ist so eine Sendung. Ein Jahr lang wurde sie von Hellmuth Karasek moderiert, der dank seines Rufes zwar fast jeden Gast für seine grau gehaltene Sendung gewann, dem es aber an Souveränität mangelte, etwas Gutes vor der Kamera daraus zu machen.

Trotzdem hatten die Kölner Mut zu einem neuen Versuch. Hiltrud Schröder ist diesmal auserkoren, die als verlassene Ehefrau Gerhard Schröders in die Schlagzeilen geriet, noch bevor man sich über eine mögliche Kanzlergattin freuen durfte, deren Engagement jenseits von Kochbüchern liegt.

„Hiltrud Schröder besucht“ heißt die 47minütige Sendung, die der ehemaligen First Lady Niedersachsens ein neues Aufgabenfeld geben soll. In der ersten und bisher einzigen Sendung – man will vor der Produktion neuer Folgen zunächst die Resonanz abwarten – trifft sie auf die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth. Petra Roth, engagiert, resolut und in jeder Hinsicht auf „eigenen Füßen“ stehend, nur mit schwarzem Parteibuch. Eine Mutter wie Hiltrud Schröder und auch von ihrem Mann verlassen, wenn auch durch dessen Tod und nicht durch das Abwerben einer jüngeren.

Hiltrud Schröder ist zurückhaltend, läßt Frau Roth reden und sich darstellen. Schröders wenige Fragen, bei denen offenbleibt, warum man Frau Roth dafür drei Tage lang begleiten mußte, zielen auf Roths Position in einer Männerdomäne ab, auf ihren Umgang mit Macht und Freizeit. Während Petra Roth in jeder Situation eine fast übermenschliche Souveränität ausstrahlt, ist Hillu alles andere als souverän. Bereits ihre erste Frage, die die beiden in einer Art Einspielfilm zeigt – Roth und Schröder bei den Junkies –, wirkt so unsicher, daß man überrascht ist, daß die Szene nicht noch einmal gedreht wurde.

Aber auch in den anschließenden Studiosituationen wirkt Hiltrud Schröder mädchenlike neben der gestandenen Roth. Bei jeder Frage legt die Gastgeberin den Kopf zunächst schief, bevor sie ihn auf die andere Seite schlenkern läßt, ihre Stimme ist sanft, ihre größte Angst scheint, anecken zu können. Was sie will, ist, als gleichwertig wahrgenommen zu werden, zwei Frauen im Gespräch, in dem die eine die andere gleichermaßen schätzt. Schließlich ist eine unterschiedliche Parteizugehörigkeit noch lange kein Grund zu Streit... Demzufolge läßt Hillu jegliche journalistische Herangehensweise missen. Sie hakt nicht nach, zeigt Widersprüche auf oder konfrontiert Roth, der man sofort jegliche Lebensversicherung abkaufen würde, damit, was der Engel der Fixer-Stuben nicht erzählt: daß es in Frankfurt Politik ist, Obdachlose aus der Stadt zu karren, etwa um sie im Wald auszusetzen.

Die Kamera zeigt Hiltrud Schröder nur kurz, die Produzenten wissen warum. Dabei wäre sicherlich mehr herauszuholen aus dem Sendeformat, in dem sich Film und zwei längere Gesprächssequenzen abwechseln – und auch aus Frau Schröder, die der Öffentlichkeit bislang als eine so eigenständige, mutige Frau präsentiert wurde. Allerdings müßte sie ihr braves Mädchengehabe ablegen und mehr Engagement zeigen. Schließlich gilt sie als Frau, die etwas will. Scheinbar gehört dazu auch eine Fernsehkarriere. Warum, ist nicht ganz klar. Vielleicht, weil man das jetzt so macht, Bücher schreiben und im Fernsehen eine eigene Sendung haben. So wie Hellmuth Karasek oder Hera Lind. Von der könnte sie sogar noch etwas lernen: Professionalität. Silke Burmester