: Melden per Mausklick
■ Hamburger Behörden und Bezirksämter entdecken endlich BürgerInnen als Kunden
Die Kisten sind ausgepackt, die Möbel zurechtgerückt, die Lampen aufgehängt. Jetzt kommt der schwierige Teil des Umzugs; die Ummeldung beim Einwohnermeldeamt. Bisher braucht man dafür einen halben Tag Urlaub, die richtigen Unterlagen, ein dickes Buch und gute Nerven. In Zukunft könnten lästige Behördengänge wie dieser möglicherweise Online erledigt werden – per Mausklick.
Denn Hamburgs Behörden haben entdeckt, daß sie ein Produkt, nämlich Dienstleistungen, anbieten. Und daß es sich bei den Menschen, die Kfz-Zulassung oder einen Reisepaß begehren, keineswegs um Störungen handelt, die erschwerend hinzukommen, sondern um Kundschaft. Der Kunde ist bekanntlich König, nur sei das noch nicht in allen Köpfen angekommen, bedauert die Staatsrätin der Finanzbehörde, Ingrid Nümann-Seidenwinkel.
Die Arbeitsgruppe „ProVi“(Projekt Verwaltungsinnovation) soll die Amtsstuben auf Trab bringen und entsprechendes Know-how anbieten. Ziel: Weg von der Fixierung auf Verwaltungsvorschriften, Dreifachprüfung und der 150prozentigen Absicherung, hin zu einer Kundenorientierung. Experten versprechen sich von der Modernisierung enorme Einsparpotentiale.
Hier, wie überall, heißen „Budgetierung“– finanzielle Selbständigkeit –, dezentrale Verantwortung, Transparenz und Leistungskontrolle die Zauberworte. Angesichts der Zustände in und vor der Ausländerbehörde wird deutlich, wieviel den elf ProVi-MitarbeiterInnen bis Ende 1998 noch zu tun bleibt.
Zwar wird schon jetzt punktuell nach der „Kundenzufriedenheit“gefragt. Doch eine zentrale Stelle, die Vorschläge und Beschwerden von BürgerInnen sammelt und damit die Behörden unter Druck setzt, gibt es keineswegs. Auch will die Staatsrätin mitnichten preisgeben, welches Bezirksamt schon jetzt zur hellen Freude des Bürgers arbeitet und welches zu wünschen übrig läßt. Das schaffe nur Widerstände.
Dafür können sich die „Kunden“nun über Hamburg Online informieren, zu welchen Zeiten sie mit welchen Unterlagen in welches Amt können. Entsprechende Geräte mit Drucker gebe es bereits in einigen Bezirksämtern und bald auch in Einkaufszentren und Bücherhallen. Silke Mertins
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