Hun Sen bastelt sich eine Regierung

■ Viele kambodschanische Minister halten dem Putschisten die Treue. König Sihanouk betet für den neuen alten Premier

Phnom Penh (taz) – KambodschanerInnen, die in diesen Tagen den Fernseher einschalten, erleben ein Vergnügen der besonderen Art. Ihr Premierminister Hun Sen sitzt auf einem Sofa und erklärt stundenlang, was in ihrem Land wirklich geschehen ist. Bei der Militäraktion gegen die Truppen seines Co-Premiers, Prinz Norudum Ranariddh, habe es sich keinesfalls um einen Putsch gehandelt: „Ich habe gedacht, wir könnten endlich friedlich leben, aber andere brachten die Roten Khmer und illegale Waffen in die Stadt, um einen Krieg vorzubereiten“, erklärt Hun Sen. Mit den „anderen“ ist die Royalistische Funcinpec- Partei des Prinzen gemeint.

Mit den Funcinpec- Politikern, die nicht ins Ausland geflüchtet oder untergetaucht sind, versucht Hun Sen nun, eine neue Regierung zu bilden. Dabei kommt ihm entgegen, daß der nach Frankreich geflohene Ranariddh auch in seinen eigenen Reihen seit langem Widersacher hatte.

Wichtige Minister und Militärs der Funcinpec-Partei haben bereits erklärt, sie wollten auch künftig im Kabinett bleiben: Innenminister You Hockry und Verteidigungsminister Tea Chamrath. Und auch Außenminister Ung Huot ist gestern nach Phnom Penh zurückgekehrt. Der Gouverneur der Provinz Sem Reap, Toan Chay, ist als Premierminister im Gespräch. Er hat sich schon im April mit einigen Parteifreunden von dem Prinzen losgesagt, weil er dessen autoritären und unberechenbaren Führungsstil nicht mehr länger akzeptieren wollte.

Toan Chay gilt als fähiger und relativ unkorrupter Politiker. Er genießt bei vielen größere Sympathien als der Prinz, der „keine Ahnung vom Regieren hatte“, wie sein Verteidigungsminister jetzt sagt. Sein Problem: Laut Verfassung muß der Regierungschef ein ins Parlament gewählter Politiker sein.

Bislang war unklar, wie König Norudum Sihanouk reagieren würde. Der König ist zwar politisch machtlos, aber viele KambodschanerInnen verehren ihn immer noch – obwohl er sich vor Monaten krank und frustriert nach Peking zurückgezogen hat. Wenn er zum Widerstand gegen Hun Sen aufgerufen hätte, wären ihm viele Soldaten gefolgt, heißt es in Phnom Penh. Doch jetzt hat der König sein Schweigen gebrochen – und deutlich gemacht, daß er nicht für seinen Sohn kämpfen wird: „Ich bin weit von meinem geliebten Heimatland entfernt“, teilte er durch sein monatliches Hofbulletin aus Peking mit. Deshalb könne er nicht beurteilen, ob es sich bei der Militäraktion gegen die Funcinpec um einen Staatsstreich gehandelt habe.

Er bitte nur voller Zuneigung „den siegreichen Hun Sen“ darum, die Verfassung einzuhalten. Für seinen Sohn noch verheerender: Sihanouk kündigte an, er werde die Unterschriften des amtierenden Staatschefs Chea Sim von der ehemaligen kommunistischen Kambodschanischen Volkspartei akzeptieren.

Das heißt: Wenn das Parlament einen neuen ersten Ministerpräsidenten bestimmt, wird König Norudum Sihanouk nicht dagegen angehen und seine Zustimmung verweigern.

Hun Sen hat angekündigt, daß die Wahlen 1998 wie geplant stattfinden sollen. Seine Soldaten haben jetzt fast alle Provinzen unter Kontrolle. Oppositionspolitiker Sam Rainsy, der wie der Prinz von Frankreich aus den Widerstand organisieren will, hat jetzt angekündigt, er werde auf dem Landweg von Thailand aus in den Nordwesten Kambodschas zurückkehren. Jutta Lietsch