Darf es auch billigerer Solarstrom sein?

Solarthermische Kraftwerke sind günstiger, doch Greenpeace propagiert die teuren Solarzellen  ■ Von Jens Jürgen Korff

Köln (taz) – Solarenergie, das ist hierzulande immer noch gleichbedeutend mit den teuren Solarzellen, die nach dem Prinzip der Photovoltaik (PV) funktionieren. Dabei gibt es einen entschieden billigeren Weg, Sonnenstrom herzustellen: die Solarthermie. Doch sie hat in Deutschland kaum Förderer, selbst Greenpeace läßt sie links liegen.

Dabei ist die Solarthermie das technische Prinzip der neun größten Solarkraftwerke der Welt: Schon seit zehn Jahren bringen die in Kalifornien zusammen 354 Megawatt (MW) Spitzenleistung. Während bei der Photovoltaik die Sonnenstrahlen in Zellen aus Silizium direkt in Strom verwandelt werden, geht die Solarthermie einen kleinen Umweg: In den kalifornischen Kraftwerken werden die Sonnenstrahlen in rinnenförmigen Parabolspiegeln gebündelt und auf ein schwarzes Rohr in der Mitte geworfen. Dort heizen sie ein Öl auf bis zu 400 Grad. Das bringt in einem Kreislauf per Wärmetauscher Wasser zum Kochen, der Wasserdampf treibt eine Turbine mit Stromgenerator an – wie in einem Heizkraftwerk.

Die Kilowattstunde (kWh) Strom aus den kalifornischen Solarfarmen kostet nur rund 20 Pfennig – mindestens fünfmal weniger als PV-Strom. Hiesige Solarzellen in Kleinanlagen produzieren Elektrizität gar zehnmal so teuer. Deshalb schätzt der Globale Umweltfonds (GEF) der Weltbank bei Großanlagen auch die Solarthermie als fördernswert ein, während er die PV-Technik nur für dezentrale Kleinanlagen empfiehlt.

Auf der griechischen Sonneninsel Kreta, unweit der Samaria- Schlucht, will die Kölner Firma Pilkington Solar mit PreussenElektra für 265 Millionen Mark das erste solarthermische Kraftwerk Europas bauen. Das 52-MW-Projekt mit dem Namen Theseus soll Strom für 16,7 Pfennig pro kWh liefern. GEF und EU sind bereit, es zu fördern.

Um auch die Verbrauchsspitze am Abend bedienen zu können, soll das Kraftwerk mit einer konventionellen Zusatzfeuerung gekoppelt werden. Hier kommt ein weiterer Vorteil zur Geltung: Die Zusatzfeuerung kann dieselbe Turbine nutzen. Auch nachts oder bei Wartungsarbeiten an den Spiegeln läuft so die Energieversorgung immer weiter, ohne große Zusatzinvestitionen.

Doch Theseus ist nicht der einzige, der kretische Sonne in Strom verwandeln will. Kürzlich gaben Thilo Bode, der Chef von Greenpeace International und die griechische Energieministerin Vasso Papandreou bekannt: Die US- Firma Enron Solar, Partner des Ölkonzerns Amoco, will auf Kreta ebenfalls ein 50-MW-Kraftwerk errichten – aber mit Solarzellen. Die erste Baustufe soll fünf Megawatt leisten. 55 Prozent der Kosten übernehmen Griechenland und die EU. Innerhalb von zwei Jahren soll Kreta zur Solarinsel werden.

Kreta, so schreibt Greenpeace International in einer aktuellen Broschüre, soll zum „Schlachtfeld“ werden – im Kampf um eine fossilfreie Energiezukunft. Der konkurrierende Solarstrom von Pilkington soll in diesem Kampf anscheinend gleich mit erledigt werden. Ausdrücklich wendet sich Greenpeace gegen ein solarthermisches Kraftwerk, das mit einer konventionellen Feuerung gekoppelt ist – und damit gegen den wichtigsten Marktvorteil der Solarthermie neben dem Preis.

Teilweise unseriös sind einige der von Enron/Greenpeace genannten Kostenangaben. „Der Strom kostet mit 8,5 Cent (14,5 Pfennig) pro Kilowattstunde unter einem Drittel des Kohlestroms.“ So meldet es Greenpeace Deutschland am 12.6. im Internet, und so wurde es auch in der deutschen Presse gebracht. Greenpeace- Kampagnenleiter Corin Millais (Amsterdam) mußte auf Nachfrage klarstellen: 8,5 Cent sei der Preis, den zu zahlen sich der griechische Stromversorger PPC gegenüber Enron vertraglich verpflichtet habe. Die tatsächlichen Produktionskosten liegen viel höher.

Befürworter der Solarthermie fürchten, daß das Solarthermie- Projekt auf Kreta scheitern könnte, weil Greenpeace dagegen sei. Holger Rönitz von Greenpeace International bestätigt: „Wir haben uns dafür entschieden, die Photovoltaik zu puschen, weil sie leichter zu verstehen ist.“ Sie sei einfach populärer, weil sie so vielseitig einsetzbar und den meisten Menschen schon mal begegnet sei. Deshalb rechnet Greenpeace damit, daß der Solarstrom als PV- Strom den Durchbruch erzielen wird und daß sich die Solarzellen rascher verbilligen werden als die Solarthermie. Rainer Aringhoff von Pilkington bezweifelt das: Auch die Preise für Solarthermie gehen bei wachsendem Markt noch weiter nach unten, genau wie die der Solarzellen. Aringhoff: „Trotz der dramatisch gefallenen Brennstoffpreise liegen wir ökonomisch z.B. auf Kreta hart an der Marktfähigkeit.“

Die Photovoltaik jedoch eignet sich besser für prestigeträchtige Alibizwecke. Sie ist teuer, futuristisch und kann rasch auch im kleinen Maßstab zu Demonstrationszwecken aufgebaut werden.