„Mit ABM kauft man sich frei“

■ Für Lohnkostenzuschüsse, gegen den zweiten Arbeitsmarkt: Marieluise Beck, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen

taz: Bei den Grünen herrscht Streit um die künftige Arbeitsmarktpolitik. Sie bemängeln den „fragwürdigen Effekt“ von staatlich finanzierten Jobs. Verabschieden sich auch die Grünen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen?

Marieluise Beck: Ich halte es nicht für richtig, noch mal im wesentlichen Umfang zusätzliche Mittel in die Finanzierung öffentlich geförderter Beschäftigung zu stecken, weil da Grenzen der Finanzierbarkeit und des Nutzens erkennbar sind. Öffentlich geförderte Beschäftigung schafft nicht wirklich neue Strukturen oder Impulse. Auch gerät sie leicht in Konkurrenz zum gewerblichen Sektor. Wir sagen, es ist viel sinnvoller, die Instrumente der Arbeitsförderung in die Umgestaltung des ersten Arbeitsmarktes hineinzuorientieren.

Da sprechen Sie wie ein CDU- Abgeordneter, der das neue Arbeitsförderungsgesetz verteidigt. Die betonen auch, wie wichtig der erste Arbeitsmarkt doch ist.

Da muß ich energisch widersprechen. Das Arbeitsförderungsreformgesetz der Bundesregierung ist wesentlich verbunden mit einer Absenkung der Standards. Das ist nicht unsere Politik.

Die Erwerbslosenzahlen im Osten steigen wieder, eben weil die Plätze in ABM und Fortbildung abgebaut werden.

Es werden parallel zu diesem Abbau ja nicht die Strukturen auf dem ersten Arbeitsmarkt verändert. Die Bundesregierung versäumt es, den ersten Arbeitsmarkt so zu gestalten, daß er durchlässiger wird. Daß dort Ein- und Ausstiege mit rechtlicher Absicherung und sozialem Schutz möglich sind. Das heißt, daß im sogenannten ersten Arbeitmarkt Arbeitszeitverkürzung, Teilzeitregelungen, Sabbaticals und andere Ausstiege unterschiedlichster Art gefördert werden, um Platz zu schaffen für die, die draußen sind.

Sabbaticals und verbesserte Teilzeitregelungen gibt es schon. Die 50jährige, die jetzt in Greifswald ihren ABM-Platz verliert, findet auf dem ersten Arbeitsmarkt trotzdem nichts mehr.

Da nützt ihnen das ABM-Instrumentarium, das mal für ein Jahr das Zückerchen hinhält, auch nichts. Damit kauft man sich nur frei. Nach zwölf Monaten werden die Menschen ohne Perspektive in die Arbeitslosigkeit zurückgeschickt. Da sind Lohnkostenzuschüsse für den ersten Arbeitsmarkt doch sinnvoller, wenn sie an Investitionskostenzuschüsse gekoppelt werden. Interview: Barbara Dribbusch