Die Großmeister im Genuß

■ Earth, Wind & Fire waren stets mehr als Gymnasiastenfunk

Sommer und Pop sind gute Freunde. Für eine Saison lassen sich Musik-Fans ganz leicht überreden, ihr Leben im Licht einer sonnendurchfluteten Werbung zu sehen. Auch Earth, Wind & Fire zählen zu den ewigen Großmeistern dieser kurzweiligen Verführung. Seit über 25 Jahren tingeln und slappen sich die gu taufgelegten Soul-Strahlemänner durch Höhen und Tiefen von Dancefloor und Knutsch-Balladen. Leader Maurice White bezeichnete die funky Scheinwelt seiner Band einst als „JazzPop“. Für die ersten Alben traf dies auch zu. Auf zwei Alben entwarfen sie maßgeblich die Idee vom edlen Rare Groove. So richtig erfolgreich waren die Entertainer aus Los Angeles damit aber nicht.

Dann kam Disco, und Earth, Wind & Fire zeigten, daß sie mehr zu bieten hatten als die Genußlust ihrer „Big-Fun“-Kollegen. Mitte der 70er waren Formationen wie T-Connection, Heatwave und auch Kool & The Gang zufrieden, wenn Samstag nachts alle eine gute Zeit hatten. Maurice White aber fühlte sich als Vollender eines nahezu kosmischen Auftrags. Denn die alte Kunde von der Glücks-Trias „Peace, Love & Happiness“hatte es dem ehemaligen Mitstreiter von Ramsey Lewis angetan.

Aber das Konzept brauchte dringend eine andere Art von Öffentlichkeitsarbeit. White entdeckte mit Philip Bailey einen fabelhaft singenden Stern, der locker sämtliche Konkurrenz an die Wand sang. Dazu die blitzeblank arrangierten Blechbläser der Phoenix-Horns, die die kastratenhaften Ekstasen von Bailey vollendeten. Der eigentliche Clou von Earth, Wind & Fire aber waren ihre Shows: Gitarristen flogen durch die Luft, Pyros sprühten, und ganze Drumsets drehten sich um die eigene Achse. „Fantasy Funk galore“mit White als Dirigent einer Jet-Set-Choreographie mit nahöstlichen Kinkerlitzchen.

Von 1975 bis '83 umgab die Band eine Aura anhaltenden Erfolgs. In dieser Zeit entstanden all die Hits, die Gold und Platin einfuhren und mittlerweile als Gymnasiasten-Funk verschriehen sind. Keine Dance-Classics-Party ohne „Boogie Wonderland“, kein Disco-Sampler ohne „September“. Ihre Musik wurde nach '83 zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht honoriert. Hits gab es kaum, vielmehr regierte Stillstand im Weltruhm. Daß Earth, Wind & Fire gut einen Monat vor ihren Soundmates von Kool & The Gang in Hamburg spielen, mutet dabei an wie eine Oldie-Anekdote. Oliver Rohlf Do, 17. Juli, 19 Uhr, Stadtpark