Anschlüsse an sich selbst

■ Obwohl sie nebenbei Übungen in Sound und Struktur vornehmen, bleiben sich The Pastels aus Glasgow und Yo La Tengo aus Hoboken treu

Seit eineinhalb Jahrzehnten dieselben Cordjacketts, seit eineinhalb Jahrzehnten dieselbe übermüdete Stimme. In Hamburg ist das Ensemble um den notorisch zerknitterten Stephen Pastel nie aufgetreten, die Plattenfirmen wurden mit fast jedem der seltenen Alben gewechselt. Aber immer wenn du dich gefragt hast, ob es sie überhaupt noch gibt, waren die Pastels kurz darauf wieder mit einer Single am Start.

In Deutschland hat das außer einem Grüppchen Eingeweihter natürlich niemanden interessiert, aber im Vereinigten Königreich galten sie als wichtige Stimme. 60s-Revival, C86, Rave, Britpop – mit all diesen Trends haben sich die Schotten in den eineinhalb Jahrzehnten ihres Bestehens nur am Rande beschäftigt, immer blieben sie ihre eigene Größe, ihr eigener Maßstab, schon weil in der Heimatstadt Glasgow die Uhren ein bißchen anders ticken.

Dabei standen sie immer mit interessanten Institutionen in Kontakt. Ihre erste Single veröffentlichten sie auf Dan Treacys Label Wham!, wo dem Begriff „Indie“Anfang der Achtziger sein guter Klang gegeben wurde, jetzt stehen sie bei Domino unter Vertrag, zur Zeit die beste Label-Adresse Englands. Und es ist schon erstaunlich, wie die Pastels auf ihrem neuen Album Illumination einfach wie die Pastels klingen und trotzdem locker an den aktuellen Postrock-Kontext andocken. Verhuscht singt ihr Bandleader wieder diese traurigen Melodien, doch wie nebenbei werden Übungen in Sound und Struktur vorgenommen.

Gleiches gilt für Yo La Tengo, die genauso einmalig und genauso alt wie die Pastels sind – aber aus Amerika kommen und Rock lieben. I Can Hear The Heart Beating As One, das hierzulande von den meisten Medien ignorierte Opus magnum, kombiniert noch einmal ihre Leidenschaft für dieses elektrische Rauschen namens Rock'n'Roll mit dem Willen zu semi-akustischer Song-Raffinesse.

Auch das Trio aus Hoboken erkundet nebenbei verschiedene Genres – Country, Folkrock, Noise, Jazz – nach ihrer Stofflichkeit. Und wenn Ira Kaplan während eines seiner Konzerte vor dem Verstärker kniet, scheint er jedesmal selbst ganz verblüfft darüber zu sein, was da alles rauskommt. Yo La Tengo sind echte Experimentalartisten, auch wenn sie ein riesiges Repertoire klassischer Coverversionen haben – von den Beach Boys bis Blondie, von Ramones bis Lou Reed.

Aus lauter Verehrung für Reed und seine Velvet Underground waren Yo La Tengo in einer Szene von Mary Harrons Factory-Saga I Shot Andy Warhol in der Rolle der legendären Avantgarde-Band zu sehen. Über den Film läßt sich streiten, nicht jedoch über den Auftritt von Yo La Tengo. Kaplan gibt Lou Reed, Gattin Georgia Hubley hält stoisch den Beat wie Mo Tucker. Was Wunder, Hubley galt ja schon immer als Wiedergängerin der Schlagzeugerin.

Christian Buß

Fr, 18. Juli, 22 Uhr, Heinz Karmers Tanzcafé: The Pastels / Sa, 19. Juli, 21 Uhr, Markthalle: The Pastels und Yo La Tengo