Auftakt zum Schauprozeß gegen Faradsch Sarkuhi

■ Islamischer „Menschenrechtler“ kündigt Beginn des Verfahrens in Teheran an

Berlin (taz) – Der Prozeß gegen den im Iran inhaftierten Schriftsteller Faradsch Sarkuhi scheint unmittelbar bevorzustehen. Gestern verbreiteten Teheraner Medien eine Erklärung des Generalsekretärs der Islamischen Menschenrechtskommission Irans, Mohammad Hassan Siai-Far. Dem Regimekritiker werde „sehr bald“ ein Prozeß gemacht, heißt es darin. Das Verfahren werde öffentlich stattfinden und im Beisein eines Rechtsanwalts.

Die Islamische Menschenrechtskommission untersteht dem Vorsitzenden der obersten iranischen Justizbehörde, Ajotallah Mohammad Jasdi, einem Hardliner im Teheraner Machtapparat. Nach Ansicht westlicher Menschenrechtler wurde die Kommission gegründet, „um das Thema Menschenrechte zu besetzen“.

Jasdi hatte am 24. Juni erklärt, Sarkuhi werde Spionage vorgeworfen. Siai-Far sagte dagegen nicht eindeutig, welcher Vergehen er angeklagt werde. Jedoch habe der Schriftsteller in einem auf den 8. Juli datierten Brief an die Menschenrechtskommission „bestimmte Fehler“ eingeräumt und ausländische Staaten gebeten, „sich nicht in diese innere Angelegenheit“ Irans einzumischen, „um daraus politische Vorteile zu ziehen“. Dabei habe Sarkuhi „ausdrücklich die deutsche Regierung“ genannt. In seinem Schreiben habe er eingeräumt, „Kontakte zu einigen Botschaften“ gehabt zu haben. Doch, so Siai-Far: „Falls bestätigt wird“, daß Sarkuhi dabei „keine bösen Absichten verfolgte, sollte das Gericht ihn nicht verurteilen“.

Irans Geheimdienst hält Sarkuhi mit einer kurzen Unterbrechung seit vergangenem November fest. In einem aus dem Gefängnis geschmuggelten Brief schrieb Sarkuhi, ihm solle ein Gegenprozeß zum Berliner Mykonos-Prozeß gemacht werden. Diese Einschätzung wurde in Bonn geteilt. Aber das Verfahren um den Mord an vier oppositionellen iranischen Kurden 1994 in dem Berliner Restaurant Mykonos ist seit April zu Ende, Sarkuhi ist für Irans Geheimdienst damit nutzlos geworden. Die Erklärung des Generalsekretärs der Islamischen Menschenrechtskommission könnte daher einen Schauprozeß einleiten, der mit einem relativ milden Urteil endet.

Freunde Sarkuhis weisen jedoch darauf hin, daß der Schriftsteller längst zum innenpolitischen Spielball der iranischen Konservativen geworden ist. Sie versuchen alles, um die zukünftige Arbeit des am 23. Mai gewählten künftigen Staatspräsidenten Mohammad Chatami zu sabotieren. Der als vergleichsweise moderat und als Freund der Intellektuellen geltende Kleriker tritt sein Amt am 3. August an. Seit seiner Wahl versuchen seine Gegner, den Druck auf Dissidenten zu erhöhen.

So beklagte sich erst am Dienstag der Theologe Abdol Karim Sorusch in einem Brief an den noch amtierenden Staatspräsidenten Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, man habe ihm seinen Paß entzogen. Der im Westen wegen seiner laizistisch inspirierten Thesen als „Martin Luther Irans“ gehandelte Professor wollte zu einem wissenschaftlichen Vortrag nach Oxford reisen. Doch zuvor nahmen ihm Geheimdienstler das Reisedokument ab. Rafsandschani setzte sich daraufhin persönlich für Sorusch ein. „Ich schreibe Ihnen, um Ihnen für Ihre Hilfe zu danken“, heißt es in dessen Brief, „und um Ihnen mitzuteilen, daß die Bemühungen erfolglos waren.“ Thomas Dreger