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Italiens Volkstribun Di Pietro will kandidieren

■ Der ehemalige Chefermittler in Sachen Korruption steigt als Kandidat für den Senat in das „Olivenbaum“-Bündnis ein – trotz noch laufender Verfahren gegen ihn

Rom (taz) – Völlig überraschend und mit einer brüsken Abkehr von seinem bisherigen Credo hat Italiens ehemaliger Antikorruptionsermittler Antonio Di Pietro seinen „vollen Eintritt in die Politik“ angekündigt: Für Nachwahlen im Herbst wird der 45jährige für die linksliberale „Olivenbaum“-Koalition einen Sitz im Senat anstreben.

Überraschend ist seine Kandidatur vor allem deshalb, weil der höchst beliebte ehemalige Chefermittler seinen Eintritt in die Politik immer mit der Begründung abgelehnt hatte, er wolle zuerst die Strafverfahren gegen ihn beendet sehen. Nun aber, wo gerade wieder eine Welle von Anschuldigungen gegen ihn hereinbricht, hat er sich offenbar zur Vorwärtsverteidigung entschlossen. Vorgeworfen werden ihm tatsächlich auch diesmal nur olle Kamellen: der Kredit eines Freundes (längst zurückgezahlt), der Kauf eines Gebrauchtwagens (weiterverkauft), ein Vorzugsbüro für seine Frau (ohne illegale Gegenleistung).

Niemals konnte Di Pietro irgendeine Unregelmäßigkeit im Amt nachgewiesen werden. Seine Arbeitszeit belegt und seine Nerven ruiniert haben die Verfahren gleichwohl.

Wie so oft steht hinter der Kampagne auch diesmal Di Pietros berühmtestes „Opfer“ in Korruptionssachen, der Mailänder Medienunternehmer und vormalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Schon vor Tagen hatte der sich gerühmt, neue „grauenhafte“ Erkenntnisse über Di Pietro bei der Staatsanwaltschaft vermeldet zu haben. Darüber lachen die Italiener mittlerweile herzlich – alle sechs Monate übersendet Berlusconi derlei „Erkenntnisse“.

Unumstritten ist der Eintritt Di Pietros in die Politik gleichwohl auch bei den Linksliberalen, für die er nun kandidieren will, nicht. Die Grünen sind „eindeutig dagegen“, die Neokommunisten, die ebenfalls zur Regierungskoalition gehören, wollen gar ihre Unterstützung verweigern – für sie ist und bleibt Di Pietro ein ausgemachter „Rechter“, ein vorwiegend konservativer Mensch, der für soziale und ökologische Belange bisher wenig Verständnis gezeigt hat. Eben deshalb erfreut erklären sich dagegen die gemäßigten Kräfte, der linke Flügel der ehemaligen Christdemokraten (Volkspartei und Reformatoren).

Linksdemokratenchef Massimo D'Alema, der Di Pietro zur Kandidatur für den „Olivenbaum“ eingeladen hatte, kann zufrieden sein: Auch wenn Di Pietro der Koalition wohl nicht sehr viel zusätzliche Stimmen bringt, so wäre sein Eintritt auf der anderen Seite des politischen Spektrums wohl verheerend gewesen.

Di Pietro persönlich hat sich mit seinem Schritt wohl eine von ihm immer ersehnte Option eröffnet: Er möchte irgendwann gern Staatspräsident werden. Und ihm ist klar geworden, daß er das nur innerhalb einer Partei schaffen kann. Denn im gerade vorgestellten Entwurf zur Verfassungsreform ist vorgeschrieben, daß nur fürs höchste Regierungsamt kandidieren darf, wer die Unterschriften von mindestens 20 Prozent aller italienischen Parlamentarier vorlegen kann. Und diese Basis kann sich Di Pietro, einmal im Senat, dann schaffen. Werner Raith

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